Neues Deutschland: Machtpoker bei den Berliner Grünen

Die Berliner Grünen pokern hoch. Sie können sich
offenbar nicht vorstellen, dass der Regierende Bürgermeister Klaus
Wowereit (SPD) bereit wäre, notfalls eine Koalition mit der CDU zu
bilden. Dabei gehört gar nicht viel Vorstellungskraft dazu.
Unüberbrückbare Gegensätze gibt es nach dieser Seite nicht, und die
Mehrheit wäre bei einem solchen Bündnis komfortabler. »Ich habe alles
versucht, aber es ging nicht«, könnte Wowereit seinen Genossen
erzählen. Klar wäre Rot-Schwarz in Berlin – bundespolitisch
betrachtet – das falsche Signal. Aber ist es wirklich nur die SPD,
die sich ein solches Signal nicht leisten kann? Wie will die
Ökopartei ihren Anhängern erklären, dass sie wegen drei Kilometern
Autobahn auf die Chance verzichtet, eine andere Politik zu machen,
als sie mit der CDU möglich wäre? Auch eine andere Verkehrspolitik
wäre drin. Nicht jeder Berliner wohnt an dem Autobahnstummel, aber
viele hätten gern einen bezahlbaren Nahverkehr und eine
Straßenbahnhaltestelle vor der Haustür. Ob die A 100 verlängert
wird, das hängt sowieso nicht davon ab, ob die Grünen stur bleiben.
Es gibt eine Klage gegen die Autobahn, es gibt Bürgerprotest, und die
Bundesmittel für die A 100 sind tatsächlich nicht sicher. Es
könnte geschehen, dass die CDU in den Senat rutscht, aber die
A 100 trotzdem nicht verlängert wird. Das wäre ein schöner
Schlamassel. Die Grünen wollen glaubwürdig bleiben, die SPD möchte
einen zuverlässigen Partner. Die Wähler wünschten sich mehrheitlich
Rot-Grün. Aber das scheint keinen der Spieler in diesem
Koalitionspoker zu interessieren.

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