neues deutschland: Weisheiten von gestern – Kommentar zur Kritik an der „Nationalen Industriestrategie 2030“

Ideologien sterben nicht durch ihre Widerlegung –
man zieht sie schlicht aus dem Verkehr. Dieses Schicksal wird wohl
auch den sogenannten Neoliberalismus ereilen. Er verschwindet
langsam. Aber nicht, weil Linke ihn zugrunde kritisiert haben.
Sondern weil er nicht mehr so recht passt zu den bestimmenden
Interessen, die sich gewandelt haben.

Der Weltmarkt ist heute ein anderer als vor 20 Jahren. Die USA
nutzen ihre Macht, um ihren Konzernen den Weg zu ebnen und
Konkurrenten den Zugang zu Märkten zu versperren. Chinas Regierung
gibt Milliarden aus, um in Schlüsseltechnologien Unabhängigkeit oder
Marktdominanz zu erringen. Das alles findet statt vor dem Hintergrund
technologischer Umwälzungen wie Künstliche Intelligenz oder
Elektroautos, die durch staatliche Unterstützung erst zu
kapitalistischen Geschäftsmitteln gemacht werden müssen. Wer hier
zurückliegt, verliert den Anschluss.

Um Deutschlands ökonomische Führung zu verteidigen, hat die
Bundesregierung eine nationale Industriestrategie vorgelegt. Diese
Strategie bereitet vier Wirtschaftsweisen nun »große Sorge«. Der
Staat »maßt sich an, konkrete Technologien und Unternehmen benennen
zu können, die eine strategische Bedeutung für die Volkswirtschaft
haben«, kritisieren die Professoren und fordern stattdessen
»funktionierenden Wettbewerb«, »schlanke Regulierung« und
»Wertschätzung des Unternehmertums«. Kurz: Der Staat soll sich
zurückhalten, die Wirtschaft macht das schon. Hier klingt noch einmal
der Sound einer Vergangenheit, in der sich der deutsche Staat auf den
globalen Erfolg seiner Konzerne verlassen konnte. Das aber ist
vorbei. Die Zeit ist über die Weisen hinweggegangen.

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