Der Streit in der LINKEN hat mittlerweile so viele
Eskalationsstufen erreicht, dass kaum noch auszumachen ist, wer wann
wo die erste betrat. Jede(r) Beteiligte kann für seine spitzen Pfeile
mühelos darauf verweisen, dass zuvor bereits ein anderer abgeschossen
wurde. Zuvor. Man muss weiter zurückdenken, um alle Zuvors zu
erfassen. Sie brauten sich in den späten Monaten 2009 und dem ersten
2010 zusammen, als der krankheitsbedingte Rückzug von Oskar
Lafontaine den noch mageren Gehalt der bis dahin erreichten
Vereinigung von PDS und WASG bloßlegte. Eine als »Machtkampf«
apostrophierte Auseinandersetzung über den weiteren Kurs wurde mit
einem bizarren machtpolitischen Mittel abgewürgt. In dieser Zeitung
stand damals, dass die LINKE es noch nicht gelernt hat, »Differenzen
aushalten zu können, statt sie ausschalten zu müssen«. Die Partei
verarbeitete den Konflikt nicht, sondern ließ ihn von höchster Hand
stornieren. Das rächt sich nun mit neuer Auflage. Dabei gäbe es
jenseits des persönlichen Zoffs allen Grund für eine auf die Zukunft
der LINKEN gerichtete Debatte. Etwa darüber, ob der vom Parteichef
Klaus Ernst definierte »Sinn« der LINKEN, »Partei der Arbeit« zu
sein, wirklich jener ist, der ganze Leben – Alltag wie Sehnsüchte –
erfüllt und den Menschen im heutigen Deutschland Vertrauen und
Hoffnung in eine linke Alternative gibt. Die für heute einberufene
Parteispitze täte gut daran, sich darüber in die Debatte zu begeben.
Ohne Zaudern und mit allen sachlichen Kontroversen.
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