Angela Merkel will ihre geänderte Haltung zur
Energiepolitik nun offenbar auch durch räumliche Ferne zu den
Strombossen deutlich machen. Laut einem Pressebericht wird die
Kanzlerin die Schmuddelkinder der Energiewende nicht mehr treffen, um
mit ihnen über den geplanten rascheren Atomausstieg und Abschaltungen
von Uraltmeilern zu treffen. Bis zum GAU in Fukushima waren die
Chefs von E.on, RWE & Co. im Kanzleramt förmlich ein- und
ausgegangen. Was bei den vertraulichen Energiegesprächen – zuletzt
Anfang dieses Jahres – tatsächlich beredet wurde, blieb im Dunkeln.
Zudem fungierte ein damaliger Vattenfall-Chef zeitweilig als
Klimaberater Merkels. Für heftige Proteste bei Atomgegnern sorgte
auch der Auftritt der Kanzlerin beim 50-jährigen Jubiläum des
Deutschen Atomforums, als sie dem Lobbyverein zu dessen sachlicher
Informationsarbeit gratulierte. Derlei kann sie sich angesichts der
geänderten Großwetterlage nicht mehr leisten. Dem Vorwurf, sie lasse
sich von der Atomindustrie Entscheidungen ins Notizbuch diktieren,
darf sie sich auf keinen Fall aussetzen. Es stehen harte
Verhandlungen über die Zukunft der Atomindustrie bevor – einerseits
mit der AKW-kritischen Opposition, die im Bundesrat mitentscheidend
ist, andererseits mit den Regierungsfraktionen, die sich bereits
beklagen, wie beim Euro-Rettungspaket übergangen zu werden. Hier,
im politischen Raum, muss die neue Energiepolitik gezimmert werden.
Dabei wird sich auch herausstellen, ob die Kanzlerin mit den
Strombossen derzeit nur nicht gesehen werden möchte oder ob sie
tatsächlich die Mauscheleien mit der Atomindustrie abschaltet.
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