Die »Deutschen Zustände«, des Bielefelder
Professors Wilhelm Heitmeyer, sind ein weltweit einmaliges
Forschungsprojekt. Mit den Befragungen zu Vorurteilen gegenüber
Menschengruppen konnten seit 2002 sowohl Zeitverläufe als auch die
Einflüsse aktueller politischer Entwicklungen abgebildet werden.
Daraus ist ein ergiebiger jährlicher Bericht über die »Deutschen
Zustände« entstanden, der auch die Grundlage für etliche
Praxisprojekte und weitere Forschungen darstellt. Doch damit ist es
nun vorbei. Die VolkswagenStiftung, die in zehn Jahren 2,7
Millionen Euro gegeben hat, kann das Projekt nicht weiterführen.
Einen Vorwurf kann und sollte man ihr daraus jedoch nicht machen. Das
betonte Heitmeyer bei der Vorstellung des letzten Bandes des
Langzeitprojektes. Von einer »rapiden Verschärfung der sozialen
Spaltung«, die die Gesellschaft zersetze, ist darin die Rede. Die
Politik müsse dem massiv entgegenwirken, sagt Heitmeyer. Eine
Politik, die das nicht begreife, beteilige sich an der Entstehung von
Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Die Frage drängt sich auf,
warum so ein Projekt nicht von der öffentlichen Hand gefördert wird.
Der tägliche Kampf für Demokratie und gegen Menschenverachtung, die
nicht selten auf von Politikern gesetzte Normen von Rentabilität und
Verwertbarkeit in allen Lebensbereichen gründet, sollte höchste
Priorität besitzen. Dann könnten sie auch weniger ignorieren, dass
die deutschen Zustände Folge ihrer Politik sind.
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