Deutsche Wirtschaft lehnt Altmaiers
Industrie-Strategie ab
DIHK-Präsident Schweitzer: Pläne „wenig sinnvoll“ – Scharfe Kritik
an Klimaschutzgesetz – Ruf nach Steuersenkungen – Warnung an EU vor
harter Haltung gegenüber Trump
Osnabrück. Deutschlands Industrie lehnt Pläne von
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) klar ab, mit staatlicher
Beteiligung „nationale Champions“ zu schaffen. „Politische Eingriffe
mit dem Ziel, bestimmte Firmen zu Champions auszubauen, sind in einer
Marktwirtschaft wenig sinnvoll“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer
der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Schweitzer reagierte auf die
kürzlich von Altmaier vorgelegte Industrie-Strategie. „Der Staat
sollte sich auf die richtigen Rahmenbedingungen konzentrieren und
sich für einen fairen internationalen Wettbewerb einsetzen. Hier ist
die Bundesregierung gefragt“, sagte er. Mit Ausnahme von Airbus
hätten sich die vielen starken Unternehmen in Deutschland nicht
entwickelt, „weil der Staat gesagt hat, wir brauchen einen nationalen
Champion. Sie haben sich dank weitsichtiger Eigentümer und einer
überzeugenden Strategie durchgesetzt“.
Scharfe Kritik übte der DIHK-Präsident auch an Plänen von
Umweltministerin Svenja Schulze für ein Klimaschutzgesetz: „Ein
Klimaschutzgesetz mit starren Vorgaben für die Reduzierungen in den
verschiedenen Sektoren wird so nicht zum Erfolg führen. Viel
wichtiger wären konkrete Fortschritte etwa bei der Gebäudesanierung“,
sagte Schweitzer. „Hier hat der Staat schon vor Jahren eine
steuerliche Förderung versprochen. Darauf warten wir bis heute!“ Im
Verkehrsbereich würden die Einsparungen durch die Vorgaben aus
Brüssel und durch neue Antriebsarten erreicht. „Auch dafür wird kein
Rahmengesetz gebraucht.“ Angesichts der Rekordüberschüsse des Staates
bekräftigte Schweitzer den Ruf nach Steuersenkungen. „Das Jammern
über das Ende der fetten Jahre ist fehl am Platze“, sagte er. „Bei
den Steuern brauchen wir Entlastungen. Die letzte Steuerreform liegt
zehn Jahre zurück. Wenn wir nichts tun, sind wir 2022 das Land mit
der höchsten Besteuerung unter den entwickelten Industriestaaten. Das
hemmt die Investitionen.“ Ein „ganz wichtiger erster Schritt wäre die
vollständige Abschaffung des Solidaritätsbeitrages“, machte der
DIHK-Präsident Druck auf die Große Koalition. „Erheblicher
Nachholbedarf“ bestehe auch bei Investitionen in die digitale
Infrastruktur. „Wir hinken inzwischen ziemlich weit hinterher.
Funklöcher mitten im Land – das leistet sich so kaum ein anderer
europäischer Staat.“ Mit Blick auf den Handelsstreit mit den USA
warnte der DIHK-Präsident die EU-Kommission vor einer zu harten
Haltung. Trumps Drohung, Zölle zu verhängen, wenn er sich mit der EU
nicht auf einen „Deal“ einigen könne, zu dem auch ein Abbau
europäischer Handelsschranken für die Landwirtschaft gehöre, „müssen
die europäischen Unterhändler sehr ernst nehmen“, sagte er. „Verhängt
Trump Zölle, würde die deutsche Wirtschaft massiv getroffen. Allein
für die Automobilindustrie wäre ein Schaden von sechs Milliarden Euro
zu erwarten. Die schwächelnde Konjunktur würde dadurch noch stärker
ausgebremst.“
Eindringlich warnte Schweitzer vor den Folgen eines harten Brexit:
„Wir rasen auf den Tag X zu. Es steht viel auf dem Spiel. Sollte der
Handel mit UK in Folge des Brexits um zehn Prozent zurückgehen und
zudem der damit verbundene EU-Handel um 2,5 Prozent sinken, knickt
das deutsche Wachstum allein dadurch um 0,2 Prozent ein.“
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