NOZ: Grüne: Verbesserungsbedarf bei Richter-Berufung auch in Deutschland

Grüne: Verbesserungsbedarf bei Richter-Berufung
auch in Deutschland

Rechtspolitische Sprecherin Keul mahnt nach EU-Verfahren gegen
Polen mehr Transparenz auch hierzulande an – Richterbund stimmt zu

Osnabrück. Angesichts des Streits um die Justizreform in Polen
haben die Grünen darauf hingewiesen, dass es auch bei der Berufung
von Richtern in Deutschland Verbesserungsbedarf gibt. In einem
Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Freitag) sagte Katja
Keul, Sprecherin für Rechtspolitik der Grünen-Bundestagsfraktion,
„mit Blick auf das Verfahren der EU gegen Polen stellt sich die
Frage, wie es eigentlich bei uns um die Bestellung von Richtern
steht. Darüber müssen wir diskutieren.“

So würden Richter auch hierzulande unter Einbeziehung von
Parlamentariern und der politischen Exekutive bestellt. „In
Deutschland ernennen Minister die Richter. Ist das so eigentlich in
Ordnung?“, fragte Keul. Für Bundesgerichte habe es sich zudem
eingebürgert, „dass CDU und SPD die in den Wahlausschüssen zur Wahl
stehenden Kandidaten abwechselnd vorschlagen“. Besetzt seien die
Ausschüsse nicht mit Richtern, sondern mit Parteipolitikern und
Landesministern. „Selbst in Staaten wie Tunesien gibt es das Modell
eines unabhängigen Richterrats, der neue Richter beruft“, regte Keul
an, die Richterwahl auch hierzulande zumindest transparenter zu
gestalten.

Der Deutsche Richterbund begrüßte Keuls Vorstoß umgehend. „Das
deutsche System hat insbesondere zwei gravierende Schwachstellen, die
es zu beheben gilt“, sagte der Vorsitzende Jens Gnisa der „NOZ“.
„Erstens sind die Gerichte bei uns nicht selbstverwaltet, sondern bei
Personal und Ausstattung von der Exekutive abhängig. Zweitens hat der
Justizminister die rechtliche Möglichkeit, auf einzelne
Strafverfahren durchzugreifen.“

Die EU-Kommission hatte in dieser Woche unter Verweis auf die
Justizreform Polens erstmals in der Geschichte der Gemeinschaft ein
Verfahren gegen ein Mitgliedsland nach Artikel 7 der EU-Verträge
eingeleitet. Dies kann zu einem Entzug der Stimmrechte im Ministerrat
führen.

Keul zeigte ferner Verständnis für die Klage einer Osnabrücker
Richterin auf bessere Einstiegsbesoldung. „Wer unseren Rechtsstaat
pflegt, sollte auch entsprechend seiner Verantwortung bezahlt
werden“, sagte Keul, die auch Parlamentarische Geschäftsführerin
ihrer Fraktion im Bundestag ist. Die Klage liegt dem
Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor.

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