NOZ: Lungenärzte widersprechen Bundeswehr: : Rauchwolke im Emsland Gefahr für Gesundheit

Lungenärzte widersprechen Bundeswehr: Rauchwolke
im Emsland Gefahr für Gesundheit

Fachverband rät Anwohnern mit Vorerkrankung zu Wegzug – „Es ist,
als ob sie fünf Zigaretten gleichzeitig rauchen“ – Meppener Chefarzt:
Schutzbehauptung

Osnabrück. Die deutschen Lungenärzte haben vor Gesundheitsgefahren
durch den Großbrand auf dem Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle
für Waffen und Munition 91 in Meppen gewarnt. In einem Gespräch mit
der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ widersprach der Sprecher des
Bundesverbandes der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner, Dr.
Michael Barczok, der Einschätzung der Bundeswehr, von dem Brand gehe
keine Gefahr aus. „Die Rauchwolke führt zu einer massiven
Feinstaubelastung und ist eine Gefahr für die Gesundheit“, sagte der
Lungenarzt.

Je nachdem, wie der Wind gerade stehe, sei es für Anwohner so, als
ob sie sich in einen komplett verräucherten Raum setzen, sagte
Barczok. „Es ist, als ob sie fünf Zigaretten gleichzeitig rauchen –
nur ohne Nikotin“. Schleimhäute würden auf die Feinstaubbelastung
reagieren, ein Kratzen im Hals oder ein Hüsteln sind die Folge. Dass
junge, gesunde Menschen dadurch einen dauerhaften Schaden erleiden,
glaubt der Lungenspezialist nicht. Jedoch sei die Rauchbelastung für
Menschen mit chronischen Lungenerkrankungen wie Asthma oder COPD ein
„echtes Problem“. Jeweils zehn Prozent der deutschen Bevölkerung
leidet laut Barczok unter diesen Erkrankungen. Betroffenen rät der
Mediziner in Absprache mit dem Hausarzt die Dosierung der Medikamente
zu erhöhen, oder während des Brandes zu Bekannten in einen Nachbarort
zu ziehen. Obwohl der Landkreis Emsland derzeit eine
Gesundheitsgefährdung durch den Rauch ausschließt, weist die Behörde
„mit Blick auf das nach wie vor vorhandene Rauchaufkommen“ darauf
hin, „dass betroffene Anwohner Fenster und Türen geschlossen halten
sowie Klimaanlagen ausschalten sollen“. Dazu rät auch Barczok. Seiner
Aussage nach sollten Kinder während des anhaltenden Moorbrandes sich
im Inneren aufhalten und nicht draußen spielen: „Die Lunge von
Kindern ist kleiner, sie atmen häufiger, somit gelangt der Feinstaub
schneller in ihren Körper.“ Den Qualm als ungefährlich zu bewerten,
das sieht auch Philip Böhmer, Chefarzt der Fachabteilung Innere
Medizin/Pneumologie im Ludmillenstift in Meppen, kritisch und
bezeichnet dies als „Schutzbehauptung“. Durch den Moorbrand sei eine
Vielzahl an organischen, also kohlenstoffhaltigen, Stoffen
freigesetzt worden. Bei Menschen mit Lungenerkrankungen könnten diese
zu Anfällen führen. Zwar könnte es nicht zu einer lebensbedrohlichen
Kohlenmonoxid-, dafür aber zu einer Kohlendioxid-Vergiftung kommen,
die sich beispielsweise durch Kopfschmerzen bemerkbar macht. In einer
Pressemitteilung am Donnerstagmorgen hatte der emsländische Landrat
Reinhard Winter mitgeteilt, „dass unser Fachbereich Gesundheit
aktuell keine Gesundheitsgefährdung durch den Qualm erkennt“. Der
Landkreis bezog sich dabei auf die Werte der Luftmessung einer
Erkundergruppe des ABC-Zuges Leer, den die Bundeswehr beauftragt
hatte. Zuvor hatte auch die Bundeswehr behauptet, dass der Rauch
keine Gesundheitsgefahr darstelle.

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