Tafel-Chef: Wir lassen uns nicht von der
Kanzlerin rügen
Vorsitzender Brühl verwahrt sich gegen Merkel-Schelte: Aktuelle
Entwicklung ist eine Konsequenz ihrer Politik
Osnabrück. Der Vorsitzende der Tafeln in Deutschland, Jochen
Brühl, verwahrt sich strikt gegen die Kritik von Kanzlerin Angela
Merkel und fordert sie auf, sich vor die Tafeln, ihre Arbeit und die
ehrenamtlichen Helfer zu stellen. Im Interview mit der „Neuen
Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag) sagte Brühl: „Wir lassen uns nicht
von der Kanzlerin rügen, denn die aktuelle Entwicklung ist eine
Konsequenz ihrer Politik.“
Brühl monierte, dass Kritiker sich kein Bild von der Arbeit und
den Umständen vor Ort gemacht hätten, nachdem die Essener Tafel
entschieden hatte, vorerst nur noch Deutsche neu in die Liste
bedürftiger Menschen aufzunehmen. Er forderte von der Politik:
„Kümmert euch um die, die abgehängt sind. Geht nicht als Parteien an
den Rand, sondern holt die Leute wieder in die Mitte. Hört auf zu
skandalisieren.“ Politiker müssten sich fragen, welchen Anteil sie an
den wachsenden Problemen hätten, sagte Brühl und kritisierte, es gebe
einen „unfassbaren Niedriglohnsektor“, eine unzureichende
Grundsicherung und unausgegorene Zuwanderungspolitik. Er forderte:
„Die politischen Rahmenbedingungen müssen verbessert werden, das ist
nicht die Aufgabe der Tafel. Das ist Aufgabe des Staates.“
Gleichzeitig sieht Brühl die Arbeit der Tafeln in Gefahr. Er
warnte davor, die aktuelle Diskussion über die Einrichtung in Essen
auf dem Rücken der Ehrenamtlichen auszutragen. Er wandte sich
zugleich gegen Überlegungen, das Rentenalter weiter anzuheben. „Hat
sich jemand mal Gedanken gemacht, was das für das Ehrenamt bedeutet?
Wenn Menschen nicht mehr mit 65 ehrenamtlich tätig sein können,
sondern bis 70 arbeiten?“, fragte Brühl. Er appellierte stattdessen
an die Politik: „Kümmert euch um die, die sich ehrenamtlich
engagieren.“
Er verlangte zudem mehr Engagement der Bürger. Jeder Einzelne sei
gefordert, sich für etwas einzusetzen und nicht immer gegen etwas zu
sein. „Aus dem betroffenen Bürger sollte ein handelnder, beteiligter
Bürger werden. Nur so kann sich etwas ändern.“
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