NRZ: Das braucht niemand – ein Kommentar von MICHAEL MINHOLZ

Vermutlich ist der Protest der Gewerkschaften
überzogen. Der Alltag wird dafür sorgen, dass der Erfurter
Richterspruch schnell wieder in Vergessenheit gerät, dass Arbeitgeber
und Arbeitsnehmer im Krankheitsfall weiterhin vernünftig miteinander
umgehen. Das ist nicht zuletzt auch eine Frage des Vertrauens, der
Unternehmenskultur. Jedenfalls ist trotz des gestrigen
höchstrichterlichen Urteils kaum anzunehmen, dass die Chefs zwischen
Kiel und Konstanz in Zukunft bei jedem Fehltag eines Untergebenen ein
ärztliches Attest anfordert – nur weil sie grundsätzlich dazu
berechtigt wären. Was wäre das auch für ein bürokratischer Aufwand,
angesichts schon jetzt überfüllter Arztpraxen und langer Wartezeiten?
Das braucht niemand. So mancher Patient kommt ja genau deshalb nicht
ins Büro, weil es ihm so schlecht geht, dass selbst der Weg zum Arzt
einer unzumutbaren Quälerei gleichkäme. Zudem: Wenn ein Arzt krank
schreibt, dann meist länger als nur einen Tag…

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