Rot-Grün kann in NRW weiterregieren und einen großen
Wahlsieg feiern. Der Riesenerfolg der SPD hat einen Namen: Hannelore
Kraft. Die Ministerpräsidentin hat vielen Menschen im Land das
„Johannes-Rau-Gefühl“ zurückgegeben. Wie zu Zeiten des noch heute
bewunderten Ministerpräsidenten Rau ist die Sozialdemokratie wieder
eindeutig die stärkste Partei im Land, auch weil die Bürger der
Regierungschefin glauben: das ist eine, die sich kümmert. „Nah bei
den Menschen“, unbestritten eine Floskel, aber Hannelore Kraft nimmt
man diese Eigenschaft gerne ab. Ganz im Gegensatz zu Norbert Röttgen.
Das Ergebnis für die CDU ist ein Debakel ohne Beispiel. Zu
verantworten hat es ihr Spitzenkandidat. Im Sturmschritt wollte er
das Land erobern, allerdings als Durchmarsch: Berlin und die
Kanzlerschaft immer fest im Blick. So endet seine ambitionierte
Karriere nach dem Motto: Er kam, er sah, er kriegte die Hucke voll.
Der Ex-Hoffnungsträger der Union hat sich gerne als George Clooney
vom Rhein verkauft, aber um smart zu sein, bedarf es mehr als ein
Grübchen im Kinn. Es war außerordentlich un-smart, schon vor der Wahl
dem Land die kalte Schulter zu zeigen. Die Quittung hat er gestern
vom Wähler erhalten. Seine Partei hat ihn schon vorher
fallengelassen. Norbert Röttgens Rücktritt vom Landesvorsitz war
unabwendbar. Damit schwindet auch seine Machtbasis in der
Bundespolitik. Wenn die Kanzlerin den geprügelten Heimkehrer in
Berlin willkommen heißt, dann mit mildem Lächeln: Sie kann eine
weitere Kerbe in den Kabinettstisch ritzen, wieder einen Namen von
der Liste möglicher Konkurrenten um die Kanzlerkandidatur streichen.
Das „Comeback Kid“ der Wahl und ebenfalls strahlender Sieger ist
Christian Lindner. Noch vor zwei Monaten stand die FDP vor dem
parlamentarischen Aus. Aufwind brachte erst der Spitzenkandidat. Mit
einem Turbo-Wahlkampf hat er seine eigentlich chancenlose Partei nach
vorne katapultiert. Auch ein Signal für Berlin, wo die Liberalen sich
noch immer unter die Fünf-Prozent-Hürde ducken. Philipp Röslers Tage
im Amt des Parteivorsitzenden sind gezählt. In Düsseldorf darf man
von Christian Lindner wichtige Weichenstellungen erwarten. Die FDP
braucht eine Alternative zu Schwarz-Gelb; Farben, die nur noch im
Fußball für Erfolg stehen. Dass es die „Linke“ nicht mehr ins
Parlament geschafft hat, wundert nicht. Im Landtag wirkt sie oft wie
die Fraktion „Rote Pumpe“ – zu viel Ost-Sozialismus für den Westen.
Erwartungsgemäß sind die „Piraten“ neu an Bord. Diesmal war ihre
Beute nicht so fett wie bei den letzten Landtagswahlen. Man darf die
neue politische Kraft als Bereicherung begrüßen, auch wenn sie noch
nicht so recht weiß, was sie will. Jedenfalls wird es um mehr als den
Kampf für freie Downloads gehen müssen, damit die „Piraten“ nicht
bald kielgeholt werden. Mehr Bürgerbeteiligung und die Erweiterung
direkter demokratischer Spielräume sind aber Piraten-Themen, die auf
die Agenda aller Parteien gehören. Mit Hannelore Kraft und Sylvia
Löhrmann wird Kontinuität und Verlässlichkeit die Landespolitik
weiterhin bestimmen. Ihr Regierungsstil war notgedrungen vom Konsens
und unaufgeregtem Pragmatismus geprägt, das würde auch in Zukunft der
politischen Kultur gut tun. Nebenbei beste Wahlwerbung für 2013.
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