Oberhessische Presse: Mehdorn / Ein guter Tag für Satiriker – Kommentar von Stefan Dietrich

Wie kann man ein Projekt retten, das derart gegen
die Wand gefahren ist wie der neue Hauptstadtflughafen? Ein neuer
Manager reicht jedenfalls nicht aus, um aus der Berliner
Chaos-Baustelle einen funktionierenden Airport zu machen. Eigentlich
braucht man eher einen Superhelden: Einen, der bewiesen hat, dass er
selbst aussichtslos erscheinende Vorhaben zum Erfolg führen kann. Der
kreativ genug ist, um schier unlösbare Probleme in den Griff zu
bekommen. Der durch diplomatisches Geschick die zerstrittenen
Beteiligten dazu bringt, sich mit voller Kraft für die gemeinsame
Sache einzusetzen. Hartmut Mehdorn hat diese Qualitäten nicht. Der
70-Jährige hat Erfahrung als Manager. Doch Erfahrung heißt gar
nichts, wie Kurt Tucholsky einmal bemerkt hat: Man kann eine Sache
auch 20 Jahre lang falsch machen. Bei der Deutschen Bahn hat Mehdorn
es über Monate nicht geschafft, das Berliner S-Bahn-Chaos, die
Probleme mit ausgefallenen Klimaanlagen und die notorischen
Verspätungen in den Griff zu bekommen. Er hat nicht nur den
Börsengang des Staatskonzerns verpatzt, er ist auch mitverantwortlich
für das Debakel beim Tiefbahnhof Stuttgart 21. Seine Bilanz als Chef
der angeschlagenen Air Berlin fällt ebenfalls mäßig aus. Warum wird
ausgerechnet er nun mit dieser Herkulesaufgabe betraut? Man könnte es
zynisch als pädagogische Maßnahme ansehen: Zur Strafe für seine
bisher mäßige Erfolgsbilanz muss er sich – obwohl eigentlich längst
im Rentenalter – auf einem Posten bewähren, den kein anderer machen
will. Als zusätzliche Schwierigkeit muss er mit Führungskräften und
Aufsichtsräten zusammenarbeiten, die ihre Unfähigkeit ebenfalls
hinreichend bewiesen haben. Nebenbei wird er ständig gegen den
Vorwurf ankämpfen müssen, er vertrete die Interessen seines
bisherigen Arbeitgebers Air Berlin. Zumindest für die Satirikerzunft
war die Berufung Mehdorns also ein echter Lichtblick. Doch selbst den
Freunden des boshaften Humors wird das Lachen über das Berliner
Flughafen-Fiasko bald im Halse steckenbleiben. Für die Mehrkosten des
Pannen-Projekts wird auch die Bundeskasse aufkommen müssen – also wir
alle. Und für Mehdorns Gehalt sowieso.

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Oberhessische Presse
Anja Luckas
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