OV: „Man kann politisch daran Anstoß nehmen“ – Parteienexperte Prof. Dr. Morlok sieht im Club2013 kein rechtliches, aber ein demokratietheoretisches Problem

Der CDU-nahe Club 2013 sorgt weiter für eine
heftige Kontroverse. Der Parteienrechtler Professor Dr. Martin Morlok
sieht den Zirkel kritisch.

Von Giorgio Tzimurtas

Hannover/Oldenburger Münsterland. Es war zwei Tage vor
Heiligabend, als Christian Wulff sein Schweigen endlich brach. Am 22.
Dezember 2011 trat er im Schloss Bellevue vor die Kameras, nahm
Stellung zu den bis dahin gegen ihn erhobenen Vorwürfen. Der
Bundespräsident zeigte eine späte Einsicht über mangelnde
Transparenz. Er gab auch diese Worte von sich: „Nicht alles, was
juristisch rechtens ist, ist auch richtig.“ Ist dieser Satz – von
Wulff unbeabsichtigt – auf den mysteriösen Club 2013 übertragbar?
Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss von CDU-Unterstützern,
zumeist Mittelständler, die oft zu Parteispenden bereit sind. Ein
exklusiver Zirkel, dessen Entstehung eng mit der Person Christian
Wulff zusammenhängt. Es ging bereits beim Vorläufer, dem Club 2008,
um die Absicherung der Regierungsmacht der Christdemokraten. Ideell
und finanziell.

Die Club-Mitglieder treffen sich unter Ausschluss der
Öffentlichkeit. Sie haben Kabinettsmitglieder zu Gast. Wie oft
derzeitige Kabinettsmitglieder der Club-Runde hochkarätigen Glanz
verliehen haben, musste die Landesregierung nun selbst offenbaren –
nach einer Anfrage der Grünen-Fraktion (s. Bild).

Der renommierte Parteienrechtler Professor Dr. Martin Morlok von
der Universität Düsseldorf ist im Fall des Club 2013 der Ansicht:
„Wir dürfen uns als Demokraten fragen, ob wir das haben wollen.“ Der
Club passe „in das Muster des Beziehungsgeflechts zwischen Wirtschaft
und Politik, das Christian Wulff gepflegt hat“, urteilt Morlok. Der
Experte sagt auch: „Parteirechtlich ist gegen den Club 2013 nicht
viel einzuwenden.“ Es sei „nicht derselbe Nexus wie im Fall von Rent
a Rüttgers gegeben“, erklärt Morlok. Das sagt er mit Blick auf eine
Affäre der NRW-CDU. Dabei wurden Gespräche mit dem damaligen
Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) gegen Geld angeboten. Doch
Morlok übt ebenso scharfe Kritik am Club 2013. Man könne „politisch
daran Anstoß nehmen, weil es demokratietheoretisch problematisch ist,
wenn man sich das Ohr der Mächtigen erkaufen kann“.

Niedersachsens CDU-Generalsekretär Ulf Thiele protestiert: Morloks
„Annahme, dass die Teilnahme an Veranstaltungen des Clubs und damit
die Möglichkeit zu Gesprächen von einer Spendenzahlung an die CDU
abhängig sei, ist falsch“. Thiele schiebt nach: „Immerhin kommt er
unter den falschen Voraussetzungen zu dem Ergebnis, dass der Club
2013 rechtlich nicht zu beanstanden ist.“

SPD-Fraktionschef Stefan Schostok hingegen verweist auf eine
Äußerung von Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) im Landtag, als
der Club 2013 dort in der vergangenen Woche Thema war. So habe
Möllring über die Spenden diesen Satz gesagt: „Sie werden monatlich
erhoben und nicht jährlich.“ Schostok betont das Wort „erhoben“.
Schostok über Möllring: „So wie er es ausdrückt, gibt es die
Erwartung einer regelmäßigen Spende, quasi eines ausdrücklichen
Teilnahmebetrags.“ Dieser werde, so versteht Schostok Möllring, zur
Bedingung gemacht, „diesen Treffen beiwohnen zu können und den
diskreten Kontakt zu Regierungsmitgliedern zu erhalten.“ Schostok:
„Die Grenzen des üblichen Sponsorings werden mit dieser Praxis
verletzt.“

Und Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel erklärt zur
Club-Konstruktion: „Das ist eine kreative Form der
Parteienfinanzierung, die die Grenzen des rechtlich Zulässigen
überschreiten kann.“ Linke-Fraktionschefin Kreszentia Flauger
befindet, es sei „höchst kritisch, wenn man gegen Geldzuwendungen
Termine mit Regierungsmitgliedern bekommt oder Informationen.“ Wenzel
sagt, die weitere Bewertung des Clubs 2013 hänge davon ab, „in
welcher Rolle der Ministerpräsident, andere Kabinettsmitglieder und
der Landtagspräsident dort aufgetreten sind.“ Auch Morlok verweist
hierauf: „Es ist zu unterscheiden, in welcher Rolle ein Politiker
dort auftritt, nämlich ob als Partei- oder als Kabinettsmitglied.“
Auf Einladungen des Clubs jedenfalls sind die Regierungsämter der
Stargäste erwähnt.

Wenzel fordert in punkto Spenden: „Es ist zudem zu prüfen, ob es
irgendwelche Gegenleistungen gegeben hat.“ Schostok sieht die Gefahr,
dass es „zu Vorteilsgewährungen in der Zukunft kommen kann“. Er
urteilt: „Eine tickende Zeitbombe.“

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Oldenburgische Volkszeitung
Andreas Kathe
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