Rheinische Post: Angst inÄgypten

Am Montag ist es so weit: Die Ägypter dürfen an
einer freien Wahl teilnehmen, zum ersten Mal in ihrer Geschichte.
Doch statt Vorfreude herrscht Frust. Denn der herbeigesehnte
Urnengang ist schon jetzt überschattet durch die Brutalität, mit der
der Oberste Militärrat in Kairo gegen seine Kritiker vorgeht. Als die
Tunesier vor drei Wochen an die Urnen gingen, herrschte dort
Feierstimmung. In Ägypten herrscht Angst. Gerade junge Ägypter haben
den Eindruck, dass sie mit Mubarak einen Tyrannen verjagt haben, nur
um gleich den nächsten zu bekommen. Das bisherige Taktieren der
ägyptischen Generalität lässt ja auch nur einen Schluss zu: Eine
echte Demokratie wollen sie gar nicht. Nun hat der Militärrat eine
neue Marionette in den Sattel gehoben. Kamal al Gansuri ist Teil des
alten Regimes, war Minister und sogar Regierungschef unter Mubarak.
Wie ein solcher Mann die kommende Demokratie verkörpern soll, bleibt
das Geheimnis der uniformierten Strippenzieher. Die Generäle spielen
auf Zeit, aber für Ägypten läuft die Zeit ab. Wenn jetzt nicht
schnell der Übergang zu einer unabhängigen Zivilregierung organisiert
wird, droht dem Land der Gewaltausbruch, der vor neun Monaten im
letzten Augenblick noch verhindert wurde.

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