Rheinische Post: Betreutes Chaos

Das Betreuungsgeld ist als familienpolitische
Maßnahme so geeignet wie die ermäßigte Mehrwertsteuer für Hoteliers
als Wachstumsprogramm. Gar nicht. Wenn Eltern plötzlich Geld dafür
bekommen, dass sie staatliche Einrichtungen nicht in Anspruch nehmen,
müsste es künftig eine Prämie für Eltern geben, die ihre Kinder auf
Privatschulen schicken. Oder eine Prämie für Menschen, die nie die
Polizei rufen. Und: Gerade die Kinder werden von (organisierter)
Betreuung ferngehalten, die sie aufgrund der familiären Verhältnisse
benötigen. Nun hat sich die Koalition aber auf dieses Vorhaben
versteift, die CSU schlägt mit der Keule „Vertragstreue“ um sich.
Vertragstreue? Vielleicht zählen die Koalitionäre mal die anderen
Versprechen im Koalitionsvertrag, die bislang nicht umgesetzt wurden.
Etwa, dass das Staatsausgabenwachstum unter dem Wirtschaftswachstum
liegen soll oder dass eine Reform der Mehrwertsteuersätze angegangen
wird. Oder gilt „pacta sunt servanda“ nur für christsoziale
Prestigeprojekte? Noch ein Satz im Koalitionsvertrag eignet sich
ideal als Argument gegen den staatlichen Elternlohn. Auf Seite 11
heißt es: „Alle staatlich übernommenen Aufgaben werden auf ihre
Notwendigkeit hin überprüft.“ Dann mal los.

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