Rheinische Post: Dominostein Spanien Kommentar Von Sven Gösmann

Sie haben mächtig getönt, die Regierungen in
Madrid. „Spanien hat das vielleicht solideste Finanzsystem der
internationalen Gemeinschaft“, befand im September 2008 der damalige
Regierungschef Zapatero, ein Sozialist. Sein Nachfolger Mariano
Rajoy, ein Konservativer, klang am 2. Juni 2012 etwas realistischer,
ehrlich war aber auch er nicht: „Wir sind nicht auf Rosen gebettet,
aber wir befinden uns auch nicht am Vorabend der Apokalypse.“ Eine
Woche später schlüpft Spaniens marode Wirtschaft unter einen speziell
genähten Rettungsschirm aus vorerst 100 Milliarden Euro, der die
Banken des Landes vor genau dieser Finanz-Apokalypse bewahren soll.
Wieder einmal macht die Gesundbeterei der jeweiligen Krise durch
Europas Regierungen fassungslos. Seit Jahren war zu greifen, dass die
spanische Immobilienblase, von den örtlichen Kreditinstituten mit zig
Milliarden Euro aufgepumpt, platzen würde. So bleibt die bittere
Erkenntnis, dass nun auch mit deutschem Geld der nächste Dominostein
in der Euro-Krise gestützt wird. Kanzlerin Merkel wird das
alternativlos nennen. Warum aber Geld fließt, ohne dass die Geldgeber
nennenswerten Einfluss auf die spanische Politik erhalten, bleibt
schleierhaft. Kein normales Kreditgeschäft funktioniert ohne
Sicherheiten. Europas Staatenlenker haben aus Griechenland nicht
gelernt.

Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2621