Rheinische Post: Euro-Zwangslage

Die Zeit rennt den Europäern davon: Sie
brauchen nun sehr kurzfristig eine überzeugende Antwort auf den
Käuferstreik internationaler Investoren, die europäische Anleihen
verschmähen. Alle Pläne der Bundeskanzlerin, die europäischen
Regierungen vertraglich zu mehr Budgetdisziplin zu zwingen, sind
vernünftig und richtig. Doch dies allein wird kurzfristig kaum einen
Investor dazu bringen, sein Geld in europäische Staatsanleihen zu
stecken. Fieberhaft suchen die Regierungen nach einer Lösung, die die
Märkte auch kurzfristig beruhigen könnte. Alle diskutierten Lösungen
laufen auf die Vergemeinschaftung der Schuldenhaftung hinaus, die
Deutschland bisher zu Recht ablehnt. Denn in allen Formen
gemeinschaftlicher Haftung – sei es über gemeinsame Anleihen aller
Euro-Länder, über „Elite-Bonds“ nur der Stärksten oder unbegrenzte
Anleihekäufe der EZB – ginge Deutschland das größte Risiko ein: Es
hätte die größte Last zu tragen, ohne die Finanzpolitik anderer
Länder steuern zu können. Bald kann jedoch eine Situation eintreten,
in der der Euro als Ganzes akut in Gefahr ist. Wenn es so weit kommt,
muss Deutschland bereit sein umzudenken: Dann wird es um ein Ja zur
gemeinschaftlichen Haftung doch nicht mehr herumkommen.

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