Rheinische Post: Kommentar zum Urteil des Verfassungsgerichts: Nothelfer Armee

Ein Staat, der nicht willens und in der Lage
ist, für Freiheit und Sicherheit seiner Bürger zu sorgen, der kann
uns gestohlen bleiben. Wir konnten und können die Bundesrepublik
Deutschland aus Überzeugung auch deshalb „unseren Staat“ nennen, weil
er seinen Kernaufgaben gerecht wurde – im weltweiten Maßstab sogar in
vorbildlicher Weise. Aber im Leben gilt: Es gibt kaum etwas, was sich
nicht noch verbessern ließe. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in
großzügiger Auslegung seiner Kompetenz (ein Richter kritisiert das
massiv) zum Ersatz-Verfassungsgesetzgeber aufgeschwungen und
festgelegt, wozu sich bislang keine politischen Mehrheiten fanden:
dass die Armee bei „katastrophischen Szenarien“
(Gerichtsformulierung), etwa schlimmsten terroristischen Bedrohungen,
das Gesetz des Handelns übernehmen darf. Polizei als
Gefahrenabwehr-Organisation im Innern und zusätzlich bei größter Not
das mit seinen speziellen Waffen zupackende Militär – endlich hört
man dazu ein höchstrichterliches Ja. Es ist mit derart vielen
Einschränkungen, auch skurril-unpraktikablen wie der Frage zur
Abschussbefehlsgewalt gegen Terroristen, verbunden, dass die Sorge
vor einer Militarisierung im Innern unbegründet erscheint.

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