Rheinische Post: Liberal-Maß: 38-34-32

Ein Kommentar von Sven Gösmann:

Der Liberalismus ist eine große Idee, die vieles überlebt hat:
Diktaturen, Revolutionen, Kriege und desaströse Wahlniederlagen. Ob
der Liberalismus auch diese FDP überlebt, daran darf aktuell
gezweifelt werden. In einem sich über Monate hinziehenden Machtkampf
hat sich die FDP eine neue Führung gegeben. Das Stühlerücken
korrigiert personelle und strategische Fehler der Westerwelle-FDP aus
der Anfangszeit der schwarz-gelben Koalition: Rösler versucht als
Wirtschaftsminister ein populärer Parteichef zu werden, Brüderle
ersetzt den Totalausfall Homburger an der Fraktionsspitze. Reicht
das? Haben die liberalen Nachwuchspolitiker Rösler (38), Bahr (34)
und Lindner (32) eine zeitgemäße Definition des Liberalismus parat,
die über das vulgäre Steuersenkungsgeschrei der ersten
Regierungsjahre hinausreicht? Wenn ja, wie lautet sie? Was wird aus
dem Pflegefall Westerwelle? Vorerst bleibt die Erinnerung an ein
chaotisches Postengeschacher. Mit dem belächelten, in der Wirtschaft
aber geschätzten Brüderle verzichten die Liberalen in ihrer
Ministerriege auf den letzten Ordnungspolitiker, den die
Bundesregierung noch hat. Philipp Rösler, als Gesundheitsminister
zwischen Freiheit und Sozialismus schwankend, ist nach langem Zögern
gesprungen. Die Landung steht aus.

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