Rheinische Post: Solidarpakt West

In Oberhausen bröckelt das Pflaster auf den
Straßen und der Putz an den Fassaden der Schulen. Im thüringischen
Jena werden eine Universitätsklinik und zwei Autobahnen gebaut. Die
Pro-Kopf-Verschuldung liegt in Jena bei 400 Euro. Jeder Oberhausener
steht statistisch gesehen mit 7000 Euro in der Kreide. In Oberhausen
werden Schwimmbäder geschlossen, in Jena Kulturzentren eröffnet.
Trotzdem hat Oberhausen in 20 Jahren knapp 300 Millionen Euro in den
Osten überwiesen. Ist das gerecht? Nein. Aus dem Solidarpakt Ost muss
ein Solidarpakt West werden. Auch wenn die genannten Fälle nur
Beispiele sind. Der Trend ist eindeutig. Seit 2003 wächst die
Wirtschaft im Osten stärker als die im Westen. Der ursprüngliche
Zweck des Solidarpakts, die Ost-Infrastruktur aufzupäppeln, ist
erfüllt. Es stellt sich sogar die Frage, ob das Geld überhaupt noch
sinnvoll investiert wird. Ein ostdeutscher Wissenschaftler hat
errechnet, dass sich die Kommunen im Osten 40 Prozent höhere
Kulturausgaben pro Einwohner leisten als im Westen. Zeit zum
Umdenken. Jeder Ostdeutsche erhält heute statistisch jährlich 4700
Euro Transferleistungen aus dem Westen. Mangelnde Solidarität kann
der Osten dem Westen nicht vorwerfen. Nun sollte der Westen dran
sein.

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