Ein Kommentar von Martin Kessler:
Die Erbitterung, mit der die Castoren aus der französischen
Atomanlage La Hague bei ihrem Transport ins Zwischenlager Gorleben
blockiert werden, steht in keinem Verhältnis zum neuen Konsens in der
Energiepolitik. Inzwischen haben sich alle demokratischen Parteien
zum Atomausstieg bekannt. Und erst vor einigen Tagen ist
Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) von der ausschließlichen
Erkundung des Atomendlagers Gorleben abgerückt. Damit haben die
Gegner der Kernkraft fast alle wichtigen Ziele erreicht. Warum ihre
Gorleben-Fraktion weiter mit dieser Vehemenz gegen gültige Verträge
aus alten Atom-Zeiten vorgeht, bleibt ihr Geheimnis. Auch viele Grüne
verstehen das nicht mehr – trotz aller Solidaritätsadressen. Für die
Proteste, die immer wieder auch zu strafwürdigen Formen neigen,
spricht nur noch das grenzenlose Misstrauen, das den Regierenden in
Berlin entgegenschlägt. Und manchem schwant wohl, dass die Bürger in
Baden-Württemberg oder Bayern auch nicht begeistert sein werden, wenn
sie die Lasten der Endlagerung zu tragen haben, sollte Gorleben
aufgegeben werden. Die Politik muss dieses Misstrauen ernst nehmen.
Die Befriedung im Atomstreit ist noch längst nicht erreicht.
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