Von Thomas Seibert
Der politischen Kultur der Türkei fehlen
Verständigungsbereitschaft und die Fähigkeit, die Interessen der
anderen Seite als legitim anzuerkennen. Kompromisse gelten als
Zeichen der Schwäche. Auch im Streit um den Gezi-Park war das so. Die
Regierung war nicht bereit, die jüngsten Proteste als Ausdruck einer
verbreiteten Unzufriedenheit mit Erdogans Politik zu respektieren und
die Situation zu entschärfen. Umgekehrt schaffte es die
Protestbewegung nicht, Erdogans Angebot eines vorläufigen Verzichts
auf das umstrittene Bauprojekt in dem Park als Kompromiss anzunehmen
und die Dynamik der Proteste auf neue Ziele auszurichten. Nach der
Schlacht vom Taksim stehen sich beide Lager unversöhnlicher denn je
gegenüber. Und die einzige Hoffnung auf Beruhigung ist eher ein
Armutszeugnis: In diesen Tagen beginnen in der Türkei die langen
Sommerferien, Millionen Menschen fahren zur Erholung entweder an den
Strand oder ins heimatliche Dorf. Vielleicht werden sich die Gemüter
bis zum Beginn des neuen Schuljahres in drei Monaten beruhigt haben.
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