Rheinland-Pfälzische Pflegekammer nicht verfassungsgemäß? / Rechtliche Bedenken gegen „Pflegekammer light“

Der Juraprofessor Dr. Martin Spaetgens hat den
rheinland-pfälzischen Plänen für ein Pflegekammergesetz ein
bedenkliches Zeugnis ausgestellt: Das Vorhaben, die Altersvorsorge
aus der geplanten Pflegekammer auszuklammern, ist verfassungswidrig,
schreibt der Kammerexperte Prof. Spaetgens in einem Artikel, der in
Kürze in einer Pflegefachzeitschrift erscheint.

Der Jurist, der sich in der Vergangenheit intensiv mit der Rolle
von Ärzte- und Rechtsanwaltskammern befasst hat, geht davon aus, dass
die Landesregierung in der Pflegekammer kein eigenes
Altersvorsorgewerk schaffen will, um die 37.000 Pflegenden nicht aus
der gesetzlichen Rentenversicherung zu ziehen.

„Dies würde die geplante berufsständische Organisation nicht nur
zu einer –Kammer 2. Klasse– machen, auch ihre Verfassungsmäßigkeit
wäre mehr als fraglich. Da keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung
einer Ungleichbehandlung erkennbar ist, würde sogar eine
Angreifbarkeit des Gesetzes insgesamt drohen“, schreibt Prof.
Spaetgens.

Schließlich sei es nicht vermittelbar, anderen Berufsgruppen den
Zugang zu einer eigenen Altersvorsorge im Rahmen der Selbstverwaltung
zu gewähren und gleichzeitig den Angehörigen der Pflegeberufe einen
solchen Zugang zu verweigern. „Hier gilt der Grundsatz, dass
wesentliches Gleiches nicht ungleich behandelt werden darf“, schreibt
der Jurist aus Trier.

Auch der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V.
(bpa) fordert, dass die Pflegenden nicht mit einer Kammer light
abgespeist werden dürfen. „Die Kammer müsste die wirklich drängenden
Probleme der Pflege anpacken können: geringe Personalausstattung und
zu wenig öffentliche Anerkennung der Pflegenden“, sagt der
bpa-Präsident und rheinland-pfälzische bpa-Landesvorsitzende Bernd
Meurer. Dies sei in den derzeitigen Planungen aber nicht vorgesehen.

„Auf keinen Fall darf die Landesregierung riskieren, dass sie
Erwartungen bei den Pflegenden weckt und diese aus rechtlichen
Gründen dann nicht erfüllen kann“, warnt Meurer mit Blick auf die
Einschätzung von Prof. Spaetgens.

Der Rechtsexperte schreibt abschließend: „Eine Pflegekammer muss,
um der verfassungsrechtlich erforderlichen Gleichheit gegenüber
anderen Kammer zu genügen, auch ein eigenständiges Versorgungswerk
für die Pflegenden enthalten, die dann nicht mehr in das gesetzliche
Rentensystem einzahlen – mit Millionenausfällen für die
Sozialkassen.“

Gleichzeitig lasse eine einmal konstituierte Kammer für die
Angehörigen der Pflegeberufe keinen Weg zurück mehr offen. „Sie wären
dauerhaft den standesrechtlichen Vorgaben und Kontrollen einer Kammer
unterworfen und müssten diese eigenständig finanzieren.“

bpa: Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V.
(bpa) bildet mit 7.500 aktiven Mitgliedseinrichtungen, davon rund 400
in Rheinland-Pfalz, die größte Interessenvertretung privater Anbieter
sozialer Dienstleistungen in Deutschland. Einrichtungen der
ambulanten und (teil-) stationären Pflege, der Behindertenhilfe und
der Kinder- und Jugendhilfe in privater Trägerschaft sind im bpa
organisiert. Die Mitglieder des bpa tragen die Verantwortung für rund
230.000 Arbeitsplätze und ca. 17.700 Ausbildungsplätze. Das
investierte Kapital liegt bei etwa 18,2 Milliarden Euro.

Pressekontakt:
Jutta Schier, Landesbeauftragte des bpa Rheinland-Pfalz, 06131-880320