Zu schwach
Von Alexander R. Wenisch Wird ein Angehöriger pflegebedürftig, ist
das ein tiefer Einschnitt in den Alltag aller Betroffenen. Die
Organisation der Betreuung – zwischen eigenem Familienleben, Job und
Pflegedienst – ist ein schwieriger Balanceakt. Ministerin Schröder
kommt mit der „Familienpflegezeit“ den Bedürfnissen vieler pflegender
Angehöriger entgegen. 76 Prozent der Berufstätigen möchten laut
Umfrage pflegebedürftige Familienmitglieder selbst versorgen. Ab
Januar soll das möglich sein, ohne dafür gleich den Job aufgeben zu
müssen – und ohne allzu große finanzielle Einbußen. Die Art der
Teilzeitregelung im Gesetz ist eine innovative Idee – hat aber zwei
Haken. Sie setzt viel Entgegenkommen des Arbeitgebers voraus. Der
zahlt in den zwei Pflegejahren einen Gehaltsvorschuss und geht das
Risiko ein, dass sein Arbeitnehmer anschließend nicht mehr voll in
den Job zurückkommt. Das ist sinnvoll mit einer Versicherung
abgefedert. Ein wirkliches Manko hat Schröders Gesetz aber in seiner
mangelnden rechtliche Verbindlichkeit: Im Ernstfall ist der
Arbeitnehmer dem Gutdünken seines Chefs ausgesetzt. Von der Leyen hat
bei der Einführung der Vätermonate gezeigt, wie man für verbindliche
Regeln kämpft. Nachfolgerin Schröder war politisch zu schwach, sich
durchzusetzen.
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