Sachverständigenrat warnt: Neue Bürokratie in Arztpraxen kostet Menschenleben – Datenschutz wird durchlöchert

„Auf die Arztpraxen in Deutschland rollt ein
Bürokratie-Tsunami zu – die neuen Kodierrichtlinien machen nicht nur
die Patienten zu Nummern und Werkstücken, sondern werden
Menschenleben kosten, weil sie den Ärzten die letzte verbliebene Zeit
für Medizin rauben“, warnt Dr. Michael D. Lütgemeier, Sprecher des
Ärztlichen Sachverständigenrates für eine verantwortungsvolle Medizin
in Deutschland: „Die Patienten werden leiden, und Deutschland
endgültig zum Exportweltmeister – an gut ausgebildeten Ärzten, die
sich das nicht mehr antun werden“.

Die Kodierrichtlinien sollen Mitte des Jahres eingeführt werden.
Dabei müssen alle Diagnosen eines Patienten aufwendig mit Zahlencodes
verschlüsselt werden: „Das bedeutet pro Praxis und Tag mindestens
eine Stunde Mehraufwand, wenn nicht zwei“, erklärt Lütgemeier, „diese
Zeit fehlt in der Patientenbetreuung, die in kürzerer Zeit erledigt
werden muss. Dadurch sind Fehler vorprogrammiert“.

Die Kodierung der Diagnosen wird eingeführt, damit die
Krankenkassen über den morbiditätsorientierten
Risikostrukturausgleich feststellen können, welche Kasse die
Mitglieder hat, die am schwersten krank sind. Die Kasse mit den am
schwersten erkrankten Patienten erhält so mehr Geld als andere. „Für
diesen Verwaltungsirrsinn werden 3,3 Milliarden Euro
Versichertengelder ausgegeben, Praxen lahm gelegt und Menschenleben
gefährdet. Bundeskanzlerin Merkel sollte mit dem Bürokratieabbau, den
sie ja zur Chefsache erklärt hat, hier anfangen und dieses
bürokratische Monstrum stoppen“, fordert Lütgemeier.

Gleichzeitig entstünden massive Datenschutz-Probleme: „Was einmal
an Diagnosen kodiert ist, steht in der Akte – Lebensversicherungen,
Banken und Arbeitgeber warten heute schon begierig auf diese leicht
verfügbaren Diagnosedaten“, warnt Lütgemeier.

Der „Ärztliche Sachverständigenrat für eine verantwortungsvolle
Medizin in Deutschland“ hat sich nach dem Vorbild des amerikanischen
„Physicians Committee for Responsible Medicine“ im Ärztenetzwerk
Hippokranet.de gegründet und nimmt kontinuierlich zu medizinischen
und gesundheitspolitischen Themen Stellung: „Wir erreichen bundesweit
zehntausende von Praxen über das Hippokranet und haben damit mehrere
Millionen direkte Kontakte mit unseren Informationen“, sagt
Lütgemeier.

Das Online-Netzwerk Hippokranet.de ist die gemeinsame Forums- und
Netzwerkplattform der Fachinformationsdienste Facharzt.de,
Hausarzt.de und zaend.de. Insgesamt sind im Hippokranet über 46.000
Nutzer organisiert, es finden sich in unzähligen Gruppen mehrere
100.000 Beiträge zu medizinischen, technischen und
gesundheitspolitischen Themen. Einzigartig im Internet: Die Plattform
wird von ihren eigenen Lesern finanziert. Mehr als 7.000 Abonnenten
zahlen freiwillig für die Nutzung, die sie problemlos auch kostenlos
haben könnten.

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