Schwäbische Zeitung: Islamisten kämpfen an der Seite der Türkei – Leitartikel zur Türkei

Diese Bilder wecken Erinnerungen an die
Terrormiliz „Islamischer Staat“. An die Zeit, in der die Islamisten
in Städte einmarschierten, plünderten, Denkmäler demontierten und mit
Waffen posierten. Der IS-Propaganda, mit der die Miliz ihr Vorrücken
in Syrien und im Irak demonstrierte, folgten Massaker und Willkür.

Die Freie Syrische Armee (FSA) zeigt sich auf aktuellen Fotos
ähnlich selbstgefällig. Ihre Kämpfer unterstützen das Nato-Mitglied
Türkei bei der Offensive gegen die kurdischen YPG-Einheiten. Und es
deutet sich an, dass sich Geschichte wiederholt.

Die FSA, einst ein Partner des Westens im Syrienkonflikt, ist eine
unberechenbare Mischung aus Radikalen und Dschihadisten. Christen und
Jesiden fürchten die FSA. Sie fliehen zu Zehntausenden aus Afrin.
Gerade die Minderheit der Jesiden kann nicht auf die Gnade der
Islamisten hoffen. Der türkischen Regierung ist es egal, ob die FSA
ihr entgleitet, wenn sie ihren Zweck erfüllt hat.

Dabei ist schon der Einsatz der regulären türkischen Streitkräfte
völkerrechtlich umstritten. Präsident Recep Tayyip Erdogan hat
bislang nicht nachgewiesen, dass die YPG die Türkei angreift – was
die Offensive legitimieren würde. Auch die Tatsache, dass Erdogan
sich dabei auf eine diffuse FSA-Truppe statt auf Nato-Partner
verlässt, weckt neue Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einsatzes.

Und die Bundesregierung schweigt. Es schmerzt, mit anzusehen, dass
sie diplomatische Konflikte nur riskiert, wenn das ihrem Prestige
nutzt. Wenn Bundesbürger aus fadenscheinigen Gründen inhaftiert
werden, ist der öffentliche Druck so groß, dass die Bundesregierung
handeln muss. Doch bei dieser drohenden humanitären Katastrophe
bleibt Berlin stumm. Die Türkei ist schließlich ein treuer Kunde für
deutsche Waffen. Zuletzt wurden Ausfuhren im Wert von 14 Millionen
Euro in die Türkei bewilligt.

So sieht also eine restriktive Rüstungsexportpolitik aus, wie
Ex-Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sie nannte. Sein Nachfolger
Heiko Maas (SPD) versteht darunter hoffentlich etwas anderes.

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