Schwäbische Zeitung: Die Stunde der Antisemiten

Der „terroristische Staat Israel“ unternehme
derzeit den „Versuch eines systematischen Genozids“. Die Israelis
„haben Hitler in Sachen Barbarei übertroffen“. Und: „Sie haben kein
Gewissen, keine Ehre, keinen Stolz.“ Der das vor wenigen Tagen in die
Welt posaunt hat, ist kein Wahnsinniger. Er heißt Recep Tayyip
Erdogan, und weil viele seiner Mitbürger solche Sätze gerne hören,
kommen sie ihm leicht über die Lippen. Erdogan macht gerade
Wahlkampf, er möchte Präsident der Türkei werden.

Berechtigte Kritik an Israel? Nein. Der Mann betreibt – in
unverschämter Geschichtsklitterung – Hetze. Und diese Hetze kommt
auch in Deutschland an und zeigt ihre Wirkung bei Menschen, die der
Wahlkämpfer als Landsleute und Muslime anspricht. Sie mündet in
unverhohlenen Antisemitismus, in Gewalt gegen Synagogen und in
Drohungen gegen Deutsche jüdischen Glaubens. Das Demonstrationsrecht,
das Recht auf freie Meinungsäußerung wird missbraucht von
hasserfüllten muslimischen Fanatikern. Der Krieg in Gaza bietet den
ersehnten Anlass, diesen religiös und politisch motivierten Hass
offen zu zeigen. In Frankreich und in Großbritannien sind ähnliche,
teils noch schlimmere Exzesse zu beklagen.

Aber es sind in Deutschland eben nicht nur Muslime, die unter dem
Deckmantel legitimer Kritik an der israelischen Regierung die Katze
aus dem Sack lassen. Etwas verbrämter, aber immer noch deutlich genug
sowie in unschöner Tradition, finden sich in der antisemitischen
Phalanx die Herrschaften von links außen – und selbstverständlich
unverhohlen auch die Kollegen von rechts außen.

Die israelische Politik macht es den Freunden des Landes derzeit
schwer. Wer die zivilen Opfer auf palästinensischer Seite beklagt,
läuft Gefahr, einerseits von Antisemiten vereinnahmt und andererseits
von den Israelis missverstanden zu werden. Deutschland ist ein Freund
Israels. Eine Möglichkeit, Missverständnissen vorzubeugen, wäre eine
kompromisslose strafrechtliche Verfolgung von antisemitischen Hetzern
jeglicher Couleur.

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