Der Heilige Franz von Assisi, lebte er heute,
würde wohl eher den Bus als einen Mercedes benützen: Und so fuhr auch
Franziskus, der eben gekürte Papst, nach der Wahl zusammen mit den
Kardinälen im Bus zum Gästehaus im Vatikan zurück. Seine Limousine
blieb leer. Das mag eine Randnotiz sein, aber sie zeigt den Papst,
der sich nach Franz, dem Patron der Armen, Lahmen, Blinden,
Strafgefangenen, Schiffbrüchigen und Umweltschützer nennt. Die
Katholiken in aller Welt können sich darauf einstellen, dass ein
Seelsorger, ein Hirte, ihr Oberhaupt wird, der ihre Sorgen und ihre
Hoffnungen kennt.
Nach Johannes Paul II., der für den Kampf gegen den Kommunismus
stand, und nach Benedikt XVI., dem Gelehrten auf dem Papstthron,
entspricht dieser Ansatz den Wünschen, die viele Kardinäle im Vorfeld
geäußert hatten. Sie wählten Franziskus, der sich gleich in der
ersten Ansprache als Bischof von Rom, nicht als Papst vorstellte und
damit die Kollegialität unter den Bischöfen aus aller Welt betonte.
Von diesem Hirten darf die Welt vieles erwarten – nur keine
Streicheleinheiten. Vielmehr dürfte ein Papst, der nach dem Vorbild
des Heiligen Franziskus handelt, ebenso deutlich wie dieser
Missstände ansprechen. Er wird unbequeme Wahrheiten wie auch
Forderungen aussprechen, auf die er von den Reichen und Mächtigen
ebenso wie vom konsumorientierten Westen Antworten verlangt.
Franz von Assisi war aber ebenso ein Kritiker der Kirche in seiner
Zeit. Er forderte Reformen eines Apparats, der mit sich selbst
beschäftigt und unglaubwürdig geworden war. Ähnlich ist es heute.
Denn nach den vielen Affären der vergangenen Jahre kommt ein
Weitermachen nicht in Frage. Für einen Neuanfang braucht der neue
Papst ein neues Team und die dauerhafte Solidarität seiner Wähler,
der Kardinäle. Im Konklave haben sie einmal Mut bewiesen.
Nun wird sich herausstellen, ob sie wirklich, wie am Wahlabend,
mit Franziskus gemeinsam unterwegs sein wollen. Oder ob sie ihn
allein lassen: Gemeinsam im Bus oder der Papst allein in der
Limousine?
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