Wenn ein Amerikaner vor dem Brandenburger Tor
spricht, erwarten die Deutschen und speziell die Berliner etwas
Großes. Da muss dann schon ein Satz wie der von Kennedy dabei sein.
Oder zumindest der Ausruf Ronald Reagans, Gorbatschow möge diese
Mauer endlich niederreißen. Darum konnte US-Präsident Barack Obama
mit seiner Rede eigentlich nur an unser aller Erwartungen scheitern.
Was dann kam, als große Ansprache vom Weißen Haus angekündigt, wird
dem eigentlich brillanten Rhetoriker Obama selbst nicht so ganz
gepasst haben. Von Gleichheit und dem Glück für alle, das uns alle
zufriedener mache, war da die Rede. Aber Europa war für Obama nie
wirklich wichtig. Seine Rede bei allerschönstem Wetter auf der
Ostseite des Brandenburger Tores war Ausdruck dafür.
Die Faszination für den Redner Obama, der große Worte sagt, ohne
dabei im Pathos zu ertrinken, ist vorüber. Seine kreativen
Redenschreiber aus dem ersten Wahlkampf 2008 haben Obama verlassen
und andere Stellen angenommen. So ist denn die wichtigste
Ankündigung, man werde nun endlich mit den Russen über eine
Verringerung des Atomwaffenarsenals reden, nicht mehr als eine
Verlegenheitsgeste. Offenbar hatte der US-Präsident nichts anderes
anzubieten, außer der Reduzierung der Nuklearwaffen um ein Drittel.
Darüber gibt es seit Jahren Gespräche mit den Russen, auch die
Deutschen versuchen sich an dem Thema.
Angela Merkel wiederum muss froh sein, dass er überhaupt nach
Berlin gereist ist. Vor fünf Jahren ließ sie Obama als
Präsidentschaftskandidat nicht ans Brandenburger Tor, sondern er
durfte nur an der Siegessäule sprechen. Heute freut sie sich, dass
der Amerikaner gerade noch rechtzeitig vor den Bundestagswahlen
kommt. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Amerika sind
sachlicher, pragmatischer als früher. Es dauerte immerhin fünf Jahre,
bis der US-Präsident zu einem ersten offiziellen Besuch beim
wichtigsten westlichen Alliierten der Amerikaner eintraf. In Birma
war er vorher. In Brasilien auch.
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