Man kann es drehen und wenden, wie man will:
Die baden-württembergische CDU strahlt eine gewisse Ratlosigkeit aus.
Alles, was die Partei über Jahrzehnte – bisweilen im Übermaß –
ausgezeichnet hat, scheint weggeblasen: Selbstbewusstsein,
Wertebewusstsein, Erfolgsbewusstsein. Das hat vor allem mit einem
Namen zu tun: Winfried Kretschmann. Der grüne Ministerpräsident
thront in der Art des Sonnengottes über allem und allen. Die Ursachen
der Malaise liegen allerdings tiefer. Nicht wenige Christdemokraten
verorten ihren Beginn im Jahr 2005, als Erwin Teufel innerparteilich
„weggeputscht“ wurde. Sein Nachfolger Günther Oettinger war eher
Technokrat als Landesvater, die Episode Stefan Mappus bedarf keiner
Kommentierung. Verstärkt hat diese Führungsprobleme ein breiter
gesellschaftlicher Wandel, mit dem die CDU mehr Probleme hat als die
Konkurrenz.
Jetzt geht es also um die Frage der Spitzenkandidatur für die
Landtagswahl in zwei Jahren. Fraktionschef Peter Hauk ist aus dem
Rennen, es bleiben der Landesvorsitzende Thomas Strobl und
Landtagspräsident Guido Wolf. Interessant sind dabei zwei sehr
unterschiedliche Perspektiven. Aus Berliner Sicht müsste alles klar
sein: Der profilierte Bundespolitiker Strobl ist der Mann fürs
Spitzenamt in Baden-Württemberg. Aber dort zählen auch andere
Eigenschaften – aus plausiblen Gründen.
Erstens: Wenn in einem personalisierten Wahlkampf gegen den
Amtsinhaber Kretschmann überhaupt ein Kandidatenkraut gewachsen sein
sollte, dann wäre das eher der volksnahe Guido Wolf als Thomas
Strobl. Zweitens: Falls einer das Zeug hat, den Landesverband im
guten Sinne dauerhaft zu harmonisieren, dann eher der Landespolitiker
Wolf. Drittens: Auch Lothar Späth und noch mehr Erwin Teufel standen
aus damals Bonner Sicht im Ruch schwäbischer Provinzialität. Beide
haben das Land als Ministerpräsident höchst erfolgreich regiert. Wie
gesagt: unterschiedliche Perspektiven. Es wird jetzt spannend, für
welche Brille sich die CDU-Mitglieder bei der Urwahl entscheiden.
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