Wenn Angela Merkel eines gut kann, dann ist es,
nüchtern und präzise zu beobachten. Und aus der Beobachtung eine
klare Konsequenz zu ziehen. Also wird es ihr mit Sicherheit nicht
entgangen sein, was sich gerade in Kiel tut. Die CDU ist stärkste
Partei – aber keiner will mit ihr koalieren. Stattdessen stehen die
Mitbewerber bei der SPD Schlange: die Grünen sowieso, die
Minderheitenpartei der Dänen. Auch mancher Pirat kann sich
vorstellen, den SPD-Kandidaten Torsten Albig zum Ministerpräsidenten
zu wählen. Gut, in Nordrhein-Westfalen bemüht sich der dortige
CDU-Frontmann Norbert Röttgen nachhaltig und nicht ohne Erfolg darum,
es nicht so weit kommen zu lassen wie in Kiel. Sein Wahlkampf ist
nämlich so restlos unglücklich, dass die SPD von einer klaren
relativen Mehrheit träumen kann. Aber wenn es am Sonntag trotz
Röttgens nicht für Rot-Grün allein reicht, wird auch in Düsseldorf
nach der Wahl nur das Besucherzimmer der Sozialdemokratie dicht
gefüllt sein. Die Kanzlerin gerät dadurch in eine Lage, die sie
ausgesprochen hasst. Sie, die sich so gerne das Spiel mit
verschiedenen Möglichkeiten offenhält, muss der Entwicklung
weitgehend tatenlos zusehen. Auf die FDP ist nicht mehr zu zählen,
denn im politischen Überlebenskampf ist den Liberalen alles recht.
Noch hat Merkel das Vertrauen der Bürger, das bleibt ihr wichtigster
Trumpf.
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