Stuttgarter Nachrichten: Thema: Trojaner / BND / Setzt der BND auf Allzweck-Trojaner? Geheimdienst erwirbt Spähsoftware offenbar aus eigenen Quellen

BERLIN. Der Auslandsgeheimdienst BND verfügt
offenbar über eine viel weiter reichende Spähsoftware als die übrigen
Bundesbehörden, die anhand von Trojanern versuchen, die Computer von
Tatverdächtige auszuspionieren. Der Verdacht liegt nahe, seit
ausgerechnet der im Bundeskanzleramt für den BND zuständige
Abteilungsleiter gegenüber den Stuttgarter Nachrichten (Freitag)
eingeräumt hatte, dass die staatlich eingesetzten Trojaner
„multifunktionale Rohlinge“ seien. Der Innenausschuss des Bundestags
zitierte nun jenen Abteilungsleiter des Kanzleramts in seine
nichtöffentliche Sitzung, der gegenüber dieser Zeitung beschrieben
hatte, dass die Behörden mit einer Spionage-Software arbeiteten, die
als Prototypen weit mehr Fähigkeiten hätten als rechtlich zugelassen.
Die Ermittler selbst seien gehalten, die Software in ihren
Fähigkeiten auf jenes Maß zu reduzieren, das die Gerichte vorgegeben
haben, so jener Abteilungsleiter Günter Heiß. Nach Informationen der
Stuttgarter Nachrichten greift der Auslandsgeheimdienst zudem
offenbar auf mehrere Zulieferer für Spähprogramme zurück. „Der BND
macht mehr eigenständig und unabhängig als andere“, heißt es aus
Sicherheitskreisen. Zudem werden Bundesbehörden nicht selten um
Amtshilfe gebeten, so dass jene umstrittene „Allzweck“-Software
möglicherweise auch an BND-ferne Behörden ausgeliehen wird. Heiß übt
im Bundeskanzleramt die Fachaufsicht über den BND aus und koordiniert
die deutschen Geheimdienste – auch den Militärischen Abschirmdienst
MAD und Bundesamt für Verfassungsschutz. Möglicherweise ging der
Geheimdienst-Spezialist davon aus, dass alle deutschen
Sicherheitsbehörden dieselbe maximal einsatzfähige Spionagesoftware
haben wie jene Dienste. Allerdings sollte es Heiß besser wissen, da
er von 2006 bis 2009 Verfassungsschutzpräsident von Niedersachsen
war, und auch dort den Einsatz solcher Allroundtrojaner eigentlich
abzulehnen hatte. Heiß will nun – nachdem er seine Äußerungen
öffentlich nie dementiert hat – lediglich verschiedene theoretische,
abstrakte Möglichkeiten aufgezeigt haben, wie Landesbehörden Trojaner
benutzen könnten. Dass dies auch so geschehen sei, habe er nicht
behauptet. Der netzpolitische Sprecher der Grünen, Konstantin von
Notz, findet das Verhalten des BND-Fachmanns „obermerkwürdig“.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hatte dagegen betont,
Bundeskriminalamt (BKA), Bundespolizei und Verfassungsschutz
bestellten die Spähsoftware Einzelfall- und bedarfsgerecht, würden
nach ihrer Lieferung vom BKA in einer „umfangreichen Testreihe selbst
geprüft“ und kämen erst dann zur Anwendung. Gleiches gelte für das
Zollkriminalamt.

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