Der stellvertretende Vorsitzende der
SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß, kritisiert das Steuerabkommen
mit der Schweiz und zweifelt an dessen Verfassungsmäßigkeit. „Das ist
eine Ohrfeige für alle Steuerehrlichen“, sagte er im Interview der
„Stuttgarter Zeitung“ (Donnerstagausgabe). „Da wird auf kaltem Wege
eine Amnestie beschlossen für Leute, die seit vielen Jahren mit Hilfe
der Schweizer Banken massiv deutsche Steuern hinterzogen haben, und
denen unter Zahlung eines pauschalierten Einmalbetrages Legalität
geschenkt wird.“ Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stimme
damit der Privilegierung gerade hochvermögender Steuerstraftäter zu.
Nach den ihm vorliegenden Informationen könne man das Abkommen nicht
rechtfertigen, sagte Poß. „Es ist eine gesonderte Amnestie für die
Kapitalflucht in die Schweiz – so etwas gab es noch nie.“
Der Sozialdemokrat wertete das Abkommen im wesentlichen als einen
Erfolg für die Schweizer Banken und die Schweizer Politik, die ihre
Tabus hochhalte. Ob es unbeschadet Bundestag und Bundesrat passieren
werde, könne er noch nicht sagen. Die SPD werde dazu eine Anhörung im
Bundestag initiieren, kündigte der Finanzexperte an.
Poß rechnet nun mit einer Überprüfung des Abkommens in Karlsruhe.
„Dass eine solche Amnestie für die Kapitalflucht in die Schweiz mit
der deutschen Verfassung vereinbar ist, halte ich für sehr
zweifelhaft“, sagte er der StZ. Es handele sich um eine klare
Sonderbehandlung. In der Vergangenheit habe das
Bundesverfassungsgericht zudem von der Notwendigkeit der
Nachvollziehbarkeit gesprochen. „Die nötige Transparenz ist hier
nicht gegeben – das Ganze dient dem Schutz der Anonymität“, sagte
Poß.
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