Die frühere Kandidatin für das
Bundespräsidentenamt, Gesine Schwan, hält einen kulturellen Wandel
für notwendig, um die aktuelle Finanzkrise zu überwinden. Die
Ursachen der Krise auf die Gier der Banker zu reduzieren, greife zu
kurz, sagte Schwan der „Stuttgarter Zeitung“ (Donnerstagausgabe). „Es
ist nicht so , dass Menschen plötzlich einfach ausflippen. Sie
handeln vielmehr in Anreizsystemen, und das Anreizsystem, das wir in
den letzten 25 Jahren erlebt haben, hat sie gleichsam enthemmt.“
Kooperationsbereitschaft und Verantwortungsbewusstsein seien in den
Hintergrund gedrängt worden, auch weil viele Menschen meinten, sich
unsolidarisch verhalten zu müssen, um nicht unterzugehen.
Nach Ansicht der Berliner Politikwissenschaftlerin müssen die
Ökonomen an den Hochschulen ihre Ausrichtung hinterfragen. „Vor allem
in den Wirtschaftswissenschaften haben wir eine starke Dominanz der
sogenannten Angebotstheorie erlebt – und erleben sie zum Teil heute
noch.“ Laut Schwan gibt es allerdings auch Anzeichen eines Umdenkens
im Bildungssektor: Es wachse die Einsicht, „dass der zerstörerische
Wettbewerb, die Konzentration auf die Eliten, abgeschafft gehört.“
Schwan kandidierte 2004 und 2009 für das Amt des
Bundespräsidenten, unterlag aber zweimal Horst Köhler. Sie ist
Präsidentin der Humboldt-Viadrina School of Governance. Ihr wird am
(morgigen) Donnerstag in Stuttgart der Erich-Fromm-Preis verliehen.
Pressekontakt:
Stuttgarter Zeitung
Redaktionelle Koordination
Telefon: 0711 7205-1225
newsroom.stuttgarterzeitung@stz.zgs.de