Stuttgarter Zeitung: Ratlos auf Wolke sieben: Leitartikel zu Halbzeitbilanz Grün-Rot/Baden-Württemberg

Zur Mitte der Legislaturperiode hin befindet
sich die grün-rote Koalition ungefähr an dem Punkt, an dem der
Langstreckenläufer darüber nachzudenken beginnt, ob es nicht netter
wäre, am Pool zu liegen – neben sich ein kühles Getränk und was auch
immer sonst noch. Einen Grund muss es schon haben, dass
Regierungschef Kretschmann auf die Frage, wie es denn nun weitergehe
mit dem Sparen und mit den Schulen, also mit den bestimmenden Themen
der Landespolitik, nur antwortet: die Opposition wisse ja auch keinen
Rat. Diese Auskunft tröstet den Wähler wenig, hat er doch die einen
in die Regierung geschickt in dem Glauben, sie könnten es besser
machen als die anderen, die sich am Pool, Pardon, in der Opposition
nach 58 Jahren aufreibendem Rauf- und Runterregieren erholen dürfen.

Tatsache ist, dass Grün-Rot weder eine praktikable Vorstellung
davon hat, wie bis zum Jahr 2020 die Neuverschuldung auf null zu
bringen ist, noch eine belastbare Einschätzung vorträgt, wie das mit
alten Versprechungen und neuen Ansprüchen in der Bildungspolitik
vereinbart werden kann. Die Grünen möchten grüne Politik machen, die
SPD gern rote, beide aber sehen sich aber wegen der im Grundgesetz
verankerten Schuldenbremse zu einer Art Agendapolitik genötigt. Diese
ist unpopulär, und sie mindert die Wahlchancen. Bleibt sie aber aus,
werden künftige Landeshaushalte unter dem Regime der Schuldenbremse
in die Verfassungswidrigkeit abgleiten.

Der Bund profitiert bei der Etatsanierung von der gegenwärtig
guten Arbeitsmarktlage, welche die Sozialausgaben drückt. Die Länder
jedoch stöhnen unter den Personalkosten, die mehr als 40 Prozent
ihrer Haushalte ausmachen. Bis jetzt zeigt sich Grün-Rot der Aufgabe
nicht gewachsen.

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