KOMMENTAR · FLÜCHTLINGE
Es war nur eine kleine Notiz unter den Nachrichten am Neujahrstag
und doch eine, die ihren Einfluss auf die engherzige
Flüchtlingsdebatte hierzulande nicht verfehlen darf. Etwa 76 000
Menschen sind 2014 allein im syrischen Bürgerkrieg gestorben,
darunter jeder vierte ein Zivilist und allein 3500 Kinder. Allein
diese Fakten sollten die Gesellschaft eines wohlhabenden Landes
überzeugen, dass Nothilfe für Flüchtlinge jetzt Pflicht ist. Doch für
die von der Bundeskanzlerin erfrischend offen angebrachte Kritik an
der Anti-Islam-Bewegung hierzulande gibt es nicht nur
christlich-humane, sondern auch eigennützig-ökonomische Motive. Ein
Land, das so exportabhängig ist wie Deutschland, hat keine Wahl. Es
muss sich weltoffen und liberal im Umgang auch mit Flüchtlingen
präsentieren, weil es sonst sein exzellentes „Made-in-Germany“-Image
in der Welt verspielt. Niemand sollte sich der Illusion hingeben,
dass eine gesellschaftliche Abschottungspolitik keine Auswirkung
hätte auf grenzüberschreitenden Handel und Wandel. Insofern entlarvt
sich die AfD, der Merkels Kritik an den Montags-Demonstranten zu
freimütig ausfiel, abermals als rückständige und
wirtschaftsfeindliche politische Kraft. Wer sich nach der D-Mark
zurücksehnt und die Grenzen für Fremde schließen will, schadet den
Interessen der deutschen Unternehmen und nimmt den Abbau von
Arbeitsplätzen aus ideologischen Gründen in Kauf.
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Südwest Presse
Ulrike Sosalla
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