Südwest Presse: KOMMENTAR · BETREUUNGSGELD

Geänderte Prioritäten

Der Reflex ist nur natürlich: Kaum ist unter das Kapitel
Betreuungsgeld ein dicker Schlussstrich gezogen, fordern
Familienpolitiker, die freiwerdenden Mittel für Kitas & Co zu
verwenden. Nicht, dass der weitere Ausbau der Kinderbetreuung oder
andere familienpolitische Leistungen – etwa für Alleinerziehende –
nicht wichtig wären. Etwas absurd mutet allerdings an, dass –
abgesehen von der CSU – keine andere Partei das Betreuungsgeld jemals
haben geschweige denn Milliarden dafür freigeben wollte, nun aber in
Sachen Anschlussverwendung für Familien große Einigkeit herrscht.
Noch steht gar nicht fest, ob das Bundesfinanzministerium die Mittel
wieder einstreichen und im allgemeinen Haushalt verbuchen will. Doch
was wäre so schlimm daran? Allgemeine Leistungen wie das inzwischen
auch bei Vätern beliebte Elterngeld und Hartz IV, aber auch
Sozialleistungen für Flüchtlinge oder Geld für den Wohnungsbau kommen
letztlich ebenfalls Familien zugute. Hierfür muss Berlin deutlich
mehr Geld ausgeben als geplant. An neuen Finanzspritzen für den
Kita-Ausbau kommt der Bund mittelfristig auch so nicht herum. Dafür
sorgt allein die steigende Nachfrage, die die Politik wegen des
Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz nicht ignorieren kann. Die
Prioritäten in Deutschland haben sich aber geändert. Wünsche müssen
vorerst hinten anstehen. Deutschland braucht mehr Flexibilität – auch
in den Kassen.

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