Südwest Presse: KOMMENTAR · ABITUR

Gegenstand der Belustigung sind Abiturienten aus
Bremen und Hamburg immer wieder: Deren Reifeprüfung, meinte der
Moderator einer TV-Plauderrunde dieser Tage, sei gerade so viel wert
wie ein bayerischer Hauptschulabschluss. Das Publikum dankte es ihm
mit feixendem Applaus. Ob der Beschluss der Kultusminister,
gemeinsame Abiturstandards zu schaffen, an dieser öffentlichen
Meinung etwas ändern wird? Die Einigung war nach jahrelanger Debatte
überfällig. Dennoch ist sie alles andere als eine reife Leistung. Die
neue Regelung wird nur Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch
umfassen, bei den übrigen Fächern bleibt alles beim Alten. Nach wie
vor kann man in manchen Bundesländern den Hauptfächern im
schriftlichen Abitur sogar ausweichen, in Rheinland-Pfalz gibt es
nicht einmal ein landesweites Zentralabitur. Die Vergleichbarkeit
wird sich also auch künftig in Grenzen halten, zumal mancher Minister
Eltern und Schüler sofort beruhigte, das Abitur werde keinesfalls
schwieriger werden – so geschehen in Niedersachsen. Genau dieses
Mittelmaß gilt es zu verhindern. Maßstab muss das Niveau in Bayern
und Baden-Württemberg sein. So lange das nicht gilt, geht es beim
Kampf um Studienplätze weiter ungerecht zu. Die Abiturienten aus dem
Norden können – allen dummen Witzen zum Trotz – mit weniger Wissen
leichter einen Studienplatz ergattern.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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