Kraftlos
Eigentlich sollte die „wachstumsfreundliche
Haushaltskonsolidierung“, eine Art Quadratur des Kreises, im Zentrum
des EU-Gipfels stehen, der gestern begonnen hat. Doch wie allzu oft
werden sich die Staats- und Regierungschefs kaum der längst fälligen
Grundsatzdiskussion über die Weichenstellung der Union widmen,
sondern wieder von aktuellen Zwängen eingeholt. Da sind nach dem Nein
des Europaparlaments die Neuverhandlungen über den Haushalt der EU
bis 2020 fällig. Zwischen der britischen Veto-Drohung und den
Forderungen des Parlaments gilt es einen breiten Graben zu
überwinden, um die Staatengemeinschaft handlungsfähig zu halten. Auch
in eigener Sache haben die EU-Strategen reichlich drängenden
Gesprächsstoff. In Spanien setzt die Korruptionsaffäre dem Premier
Rajoy zu, in Griechenland zittert sein Amtskollege Samaras um seine
fragile Mehrheit. Das Gründungsmitglied Italien nimmt quasi
führungslos am Europäischen Rat teil. Auf den weiteren Spareifer
dieser Länder kann Brüssel nicht bauen. Ungarn befremdet die Partner
mit Geringschätzung demokratischer Werte – man erinnere sich nur, wie
entschlossen die EU mit Österreich umsprang, als es ähnliche
Tendenzen in Haiders starker Zeit gab. Kein Gipfel also, von dem
große Würfe zu erwarten wären. Man muss schon froh sein, wenn der
ganz große Eklat vermieden wird. Das Entscheidungsgremium EU-Gipfel
hat sich ziemlich verbraucht.
Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218