Südwest Presse: KOMMENTAR · UNTERHALT

Solidarität auf Befehl

Seid nett zueinander – Nein, das muss nicht sein, das Geld fließt
in jedem Fall. So lässt sich das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH)
zum Elternunterhalt interpretieren. Auf dieser Schiene fährt forsch
auch CDU-Mann Jens Spahn mit seiner – zumindest für den Anlass –
provozierenden Anmerkung: Familie ist man ein Leben lang. Da hat er
Recht, nur dass das für beide Seiten gelten sollte, was den vor allem
um Formales bemühten BGH wenig berührte. Das Urteil erstaunt, hatte
sich das Gericht in den vergangenen Jahren in anderen Bereichen des
Unterhaltsrechts zunehmend den gesellschaftlichen Realitäten
angepasst. Dass der BGH die finanzielle Einbahnstraße zugunsten der
älteren Generation erneut befestigt hat, mag die klammen Sozialkassen
freuen, doch es ist ein weiterer Baustein der Ausplünderung einer
Generation mittleren Alters, die privat vorsorgen, künftige
Zwangszahler erziehen und zugleich die Pflege der Alten stemmen soll.
Solche Zumutungen sind Wasser auf die Mühlen jener Parteien, die ihre
alternden Wähler belohnen wollen. Doch für alle, die einen guten Teil
dessen abgeben müssen, das sie als halbwegs ordentlich Verdienende
erwirtschaften, sind sie ein guter Grund, auf Distanz zu Konstrukten
wie dem des Generationenvertrages zu gehen. Das Signal ist klar: Gebt
das Geld aus, bevor andere es brauchen können. Denn Solidarität auf
Befehl hat ihren Namen nicht verdient.

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Ulrike Sosalla
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