Südwest Presse: KOMMENTAR zu EUROPÄISCHE ZENTRALBANK Ausgabe vom 07.09.2012

KOMMENTAR zu EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

Ausgabe vom 07.09.2012 Es gibt das hübsche Bonmot, dass nicht alle
Deutschen an Gott, aber alle an die Bundesbank glauben. An die
Europäische Zentralbank (EZB) glauben die Deutschen nicht so
unerschütterlich, und seit gestern noch weniger. Dabei hat die
Notenbank die richtige Strategie verkündet, mit der sie die
Euro-Schuldenkrise bekämpfen will: Notfalls unbegrenzter Aufkauf von
Staatsanleihen der Krisenländer bei gleichzeitig strengen Auflagen.
Wenn Bundesbank-Chef Jens Weidmann im EZB-Rat gegen diese Strategie
gestimmt hat, mag ihn das als Mahner ehren, der gleichzeitig in der
deutschen Tradition steht, die Notenbank als Hort der Stabilität und
politischen Unabhängigkeit zu verteidigen. Doch zwei Dinge haben sich
gegenüber früheren Zeiten geändert: Es gibt keine nationalen
Währungen mehr, sondern den gemeinsamen Euro, den alle verteidigen
wollen; und diese Währung ist bedroht, wenn die aktuelle Krise nicht
gelöst wird. Politik, auch Geldpolitik, darf es nicht beim Aufzeigen
langfristiger Risiken belassen. Sie muss konkrete Probleme lösen. Das
konkrete Problem ist, dass langfristige Staatssanierungen in Spanien
oder Italien an hohen Kreditzinsen scheitern – kurzfristig. Wer
anders als die Notenbank kann diesen Teufelskreis durchbrechen? Die
EZB weiß sehr wohl um die langfristigen Risiken ihrer Strategie. Wer
sie kritisiert, muss Alternativen aufzeigen. Geldpolitik ist kein
Gegenstand von Glaubensbekenntnissen.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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