Ein Kommentar von Oliver Schade
Deutschlands Autofahrer sind derzeit nicht zu beneiden. Die
Benzinpreise haben fast ein Allzeithoch erklommen. Die Angst vor
einem Motorschaden geht um, sobald man die
Buchstaben-Ziffern-Kombination E10 an der Zapfsäule entdeckt. Und nun
hat der bis dato eher unbekannte EU-Kommissar Algirdas Semeta einen
Plan ausgearbeitet, der dazu führen könnte, dass sich der Liter
Diesel in Deutschland um fast 30 Cent verteuert. Vielleicht schon ab
2013. Oder doch erst 2020? Das Bundesfinanzministerium schweigt
lieber, spricht von einer Richtlinie, die man national ausgestalten
könne. Mehr möchte man noch nicht sagen. Ähnlich war es mit dem beim
Autofahrer derzeit wenig beliebten E10-Sprit. Auch für das
umstrittene Ethanol?gemisch gab es keine detaillierten Vorgaben aus
Brüssel, nur die Richtlinie 2009/30/EG. Das Chaos, das die
Bundesregierung mit ihren übereifrig formulierten
Durchführungsbestimmungen dann angerichtet hat, lässt sich seit
Wochen an Deutschlands Tankstellen bestaunen: Zapfsäulen, auf denen
E10 steht, aus denen aber gar kein E10 kommt. Autofahrer, die die
besonders teure Sorte Super Plus tanken müssen, weil sie beim Griff
zum E10 Gefahr laufen, dass ihr Fahrzeug in Flammen steht. Und
genervte Tankstellenangestellte, die ihren Kunden nicht sagen können
oder dürfen, ob ihr Pkw den neuen Sprit verträgt. Vorsicht ist also
geboten, wenn es um Richtlinien aus Brüssel geht. Vor allem bei den
gut gemeinten, die der Umwelt dienen sollen, aber nicht selten das
Gegenteil bewirken. Denn sie werden allzu oft zur unangenehmen
Realität, wie das breite Publikum spätestens seit dem ökonomisch wie
ökologisch fragwürdigen Glühbirnenverbot weiß. Schließlich greifen
nun Millionen Europäer zu Energiesparlampen mit gefährlichem
Quecksilber, welche später achtlos im Hausmüll landen – wo sie aber
nicht hingehören. Kein vernünftiger Mensch kann ernsthaft gegen
effek?tiven Umweltschutz sein. Und als Europäer sollte man Ideen aus
Brüssel grundsätzlich positiv gegenüberstehen. Doch die Antworten,
die in den vergangenen Jahren, gerade zu ökologischen
Fragestellungen, aus der belgischen Hauptstadt kamen, stimmen
nachdenklich. Fehlt die Kompetenz? Handelt es sich nur um Aktionismus
oder Geltungsdrang? Oder verstehen die nationalen Regierungen, welche
die Brüsseler Richtlinien umsetzen müssen, die Vorgaben nicht? Bürger
an Brüssel, bitte melden!
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