Südwest Presse: Kommentar zum RAF-Prozess

Klappe halten. Und zwar alle, egal, auf welcher Seite
sie standen, als ein Kommando der Roten Armee Fraktion (RAF)
Generalbundesanwalt Siegfried Buback ermordete. Erst die Ex-RAF-Frau
Brigitte Mohnhaupt, die ein Gericht nicht als „Plattform“ sah, um
über die Mordserie der „Offensive 77“ zu sprechen. Dann die übrigen
einstigen Terroristen und jetzt auch noch der Verfassungsschutz, der
seinen ehemaligen Terrorismusbekämpfer Winfried Ridder am Tag vor
seiner Aussage eigens vorbereitete: Schweigen ist das Gebot der
Stunde. Zwischen der Angeklagten Verena Becker, die sich entspannt
zurücklehnen kann, und dem Nebenkläger Michael Buback, der
unverhohlen den staatlichen Institutionen misstraut, versucht das
Gericht mehr als nur zu klären, welche Rolle Becker im Mordfall
Buback spielte: Es geht um nicht weniger als um die historische
Aufarbeitung mit juristischen Mitteln. Doch dafür ist ein Gericht der
falsche Ort. Nach einem guten Jahr und Dutzenden Verhandlungstagen
scheint klar: Die Wahrheit über das, was an jenem 7. April 1977 in
Karlsruhe geschah, wird im Dunkeln bleiben – zumindest, solange die
Aufklärung mit den Instrumenten des Strafprozesses betrieben wird.
Denn alle, die etwas über den Anschlag wissen oder wissen müssen,
schweigen – sei es aus Kameraderie, Angst, sich selbst zu belasten,
oder in der Absicht, die Verschwiegenheit ihres Metiers zu wahren.
Geredet haben vor allem jene, die glauben, etwas zu wissen oder sich
nicht erinnern können. So ist die bisher einzige Erkenntnis dieses
wohl letzten großen RAF-Prozesses: Die Erwartungen waren von Anfang
an zu hoch.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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