Südwest Presse: Kommentar zur CDU

Zug um Zug räumt die CDU Positionen, die Jahrzehnte
lang zum Markenkern der Partei zählten. Erst opfert die Union die
Wehrpflicht, dann die Atomenergie, jetzt das dreigliedrige
Schulsystem. Unter dem Vorsitz von Angela Merkel verändert sich die
Partei seit über zehn Jahren grundlegend. Bisher machte die Basis
noch jeden Kursschwenk der Kanzlerin mit – mal mehr, mal weniger
überzeugt. Das muss nicht so bleiben, denn gerade die Bildungspolitik
gehört zum ehernen Bestand christdemokratischer Programmatik. Wer an
dieser sensiblen Stelle modernisieren will, muss gute Argumente und
viel Durchsetzungskraft haben. Zwar ist die Realität in den meisten
Bundesländern längst über die Hauptschule hinweggegangen, aber der
Protest der CSU gegen die Pläne der Schwesterpartei zeigt, wie wenig
man in konservativen Kreisen von neuen Strukturen im
Bildungsföderalismus hält, die sich an rot-grünen Konzepten
orientieren. Einstweilen ertönt in der Union noch ein vielstimmiger
Chor zur Zukunft der Schulen. Der CDU-Parteitag im November
verspricht daher viel Spannung. Vorsichtshalber denken die
Bildungsreformer der Partei in langen Linien: Die Existenz von
Hauptschulen soll so bis zum Jahr 2020 gesichert werden, eine
Konzession nicht zuletzt an die Stammklientel in Bayern und
Baden-Württemberg. Ob genügend Wähler das honorieren, wird sich
weisen.

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