Neue Presse Hannover: Starke Worte Kommentar von Petra Rückerl

Semiya Simsek hat der Trauer ein Gesicht gegeben.
In ihren Worten die Verzweiflung über den Verlust eines geliebten
Menschen, die Last, mit ungerechten Vorwürfen leben zu müssen, die
Sehnsucht nach dem ermordeten Vater, die Sinnfrage, ob das Land, in
dem man lebt, wirklich eine Heimat ist. Semiya Simseks Worte waren
keine wohlfeil abgewogenen. Sie waren so nah, so wahr und sie machten
so verdammt deutlich, warum wir es nicht zulassen dürfen, dass
Neonazis Jagd auf Bürger machen, die nicht in ihr verqueres Weltbild
passen.

Auf der zentralen Gedenkfeier für die ermordeten Neonazi-Opfer
sind viele Worte gesprochen worden. Auch Kanzlerin Angela Merkel
bemühte sich sehr, den Angehörigen gegenüber Empathie zu beweisen.
Und den Tätern klarzumachen, dass es für sie keinen Platz in der
Gesellschaft gibt. Eine Feier, die vielen gut tat – vor allem den
Opferangehörigen, die man lange nicht sehen wollte. Höchstens als
Mittäter.

Doch was nun? Es war nicht die erste Gedenkfeier für
rechtsextremistische Opfer und es wird nicht die letzte sein. Eine
mehr oder weniger verordnete Schweigeminute lässt die wenigstens
innehalten – und schon gar nicht die, die nichts dabei finden, wenn
man Menschen anderer Herkunft jagt. Starke Worte einer Kanzlerin
werden vergessen, wenn der Staat die Programme zur Bekämpfung des
Rechtsextremismus finanziell ausbluten lässt. Semiya Simsek wird mit
ihrer ergreifenden Rede vielleicht mehr Menschen als sonst zum
Nachdenken gebracht haben. Aber sie kann als Opfer nicht alles
alleine machen.

Pressekontakt:
Neue Presse Hannover
Petra Rückerl
Telefon: +49 511/5101-2264
rueckerl@neuepresse.de