Südwest Presse: Kommentar zur Vorratsdatenspeicherung

Sage und schreibe 138 000 Mobilfunkverbindungen hat
das Landeskriminalamt Sachsen im Umfeld einer Demonstration in
Dresden ausgespäht, um, wie Innenminister Markus Ulbig (CDU) sagte,
„vermummte“ Extremisten zu identifizieren. Im Netz der Fahnder
verfingen sich indes Demonstranten ebenso wie unbeteiligte Passanten
und Anwohner. Dass dieser Skandal pünktlich zu den Gesprächen über
die Vorratsdatenspeicherung publik wurde, mag ein Schachzug der
Gegner dieses umstrittenen Ermittlungsinstruments sein, zum
Nachdenken sollte er jeden anregen – allen voran NRW-Innenminister
Ralf Jäger (SPD). Der hatte gestern seinen Kollegen einen Kompromiss
vorgeschlagen: Sämtliche Telekommunikationsdaten aller Bürger werden
für sechs Monate ohne jeden Verdacht gespeichert und unter strengen
Voraussetzungen an Ermittler und Geheimdienste herausgegeben. Es
entbehrt nicht der Ironie, dass dieser Vorschlag aus den Reihen der
SPD kommt – bietet er doch kaum mehr als jenes Gesetz, das das
Bundesverfassungsgericht 2010 gekippt und das die SPD einst gemeinsam
mit der Union beschlossen hatte. Während also diese große Koalition
der anlasslosen Überwachung alten Wein in neuen Schläuchen
präsentiert, findet sich die FDP auf der Bank der
sicherheitspolitischen Opposition wieder. Eine Partei, die zwar die
Justizministerin stellt, deren Führungsriege aber das Wort
Steuersenkung leichter über die Lippen kommt als der Begriff
Bürgerrechte, hat es kaum anders verdient. Mitregieren sieht
jedenfalls anders aus. Und so ist in der Debatte um die innere
Sicherheit nur eines sicher: Sie spaltet die Koalition.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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