Die Europäische Union ist zunehmend international
mehr gefordert. Das gilt für die Wirtschafts- und Finanzmärkte, in
humanitären Fragen oder in der Sicherheitspolitik. Von der EU wird
nicht zuletzt von den USA die Übernahme von mehr Verantwortung in der
Welt eingefordert. Doch allein die Mittel oder der politische Wille
fehlen an der einen oder anderen Stelle. Die Macht üben nicht die
Parlamentarier im Europäischen Parlament oder die Europäische
Kommission aus. Vielmehr sind es die Staats- und Regierungschefs der
EU-Staaten. Und deren Einigungsprozess ist nicht der schnellste.
Wenn jetzt von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der
deutschen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Idee einen
europäischen Armee in den Ring geworfen wird, so wissen beide, dass
ein solches Projekt kaum Chancen auf eine zeitnahe Umsetzung hat.
Dort, wo es bisher wie bei der deutsch-französischen Brigade Formen
der Zusammenarbeit zwischen den Armeen der Mitgliedsländer gibt, sind
dies nur Alibi-Projekte.
Zudem bleibt die Frage offen, ob es überhaupt in den Staaten
politisch durchsetzbar ist, eine Europa-Armee unter einem
europäischen Befehlshaber zu etablieren. Wäre der
Kommissionspräsident der politisch Verantwortliche für eine solche
Armee? Und würden die Abgeordneten des Bundestages freiwillig auf ihr
Recht verzichten wollen, über die Einsätze deutscher Soldaten
entscheiden zu können. Schon rechtlich wäre die Bildung einer
Europa-Armee nach den Vorstellungen von Juncker somit fraglich.
Möglich wäre sie jedoch, wenn die Staaten wie bei der Euro-Einführung
auf eigene Rechte verzichten.
Juncker will mit seiner Forderung nach einer Europa-Armee
politisch zunächst Russland treffen, schadet aber einer Debatte.
Vielmehr muss das Ziel definiert werden, welche Rolle eine
Europa-Armee auch innerhalb der Nato spielen soll.
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