Trierischer Volksfreund: Rheinland-Pfalz macht Ernst bei Kommunalreform – Leitartikel, Trierischer Volksfreund, 18.10.2012

Nein, es geht nicht darum, dass alles bleiben muss,
wie es ist. Es geht auch nicht um lokale Empfindlichkeiten oder die
Bockbeinigkeit einiger Bürgermeister und Verbandsgemeinderäte. Es
geht auch nicht um Entfernungen und Verwaltungssitze oder
Uneinsichtigkeit vor Ort. Bei dem vielstimmigen Protestchor, der sich
nicht erst nach der gestrigen Vorlage des Innenministers zum Thema
Kommunalreform erhoben hat, geht es um grundsätzliche Dinge.

Zählt man die Landesregierung einmal mit, gibt es in
Rheinland-Pfalz fünf Verwaltungsebenen. Brauchen wir die wirklich –
oder ist nicht mindestens eine davon verzichtbar? Wie viel Verwaltung
brauchen wir unbedingt und wie viel können und sollten wir uns
überhaupt noch leisten? Verwalten wir uns nicht längst zu Tode? Wie
viele Doppelzuständigkeiten gibt es? Sind die Aufgaben richtig
verteilt? Was muss eine moderne Verwaltung im Internetzeitalter
können und wie muss sie organisiert sein? Es muss doch darum gehen,
Verwaltung intelligent zu organisieren. Wie viel Mainzer
Zentralregierung ist nötig und wie viel Entscheidungsfreiheit vor Ort
möglich? Welche Aufgaben haben die einzelnen Verwaltungsebenen?
Welche davon sind überflüssig und welche ließen sich sinnvoll
zusammenfassen? Wie machen wir Verwaltungshandeln und
Verwaltungsorgane in diesem Land zukunftsfähig? Brauchen wir wirklich
fast 600 Ortsgemeinden in der Region Trier? Und all die Ministerien
in Mainz? Oder aufgeblähte Apparate wie die Aufsichts- und
Dienstleistungsdirektion Trier? Wohin soll die Reise überhaupt gehen?

Diese Fragen sind im Rahmen der sogenannten Kommunalreform nicht
einmal ansatzweise beantwortet, sondern komplett ausgeblendet. Das
heißt, es fehlt nach wie vor jegliche Grundlage für durchdachtes
Handeln und Regieren in diesen zentralen Bereichen. Es geht nämlich
keineswegs um Einwohnerzahlen und Quadratkilometer, um ein paar
Verbandsgemeinden mehr oder weniger, sondern es geht um nichts
Geringeres als die zentrale Frage: Wie organisieren wir unser
Gemeinwesen, unser aller Zusammenleben? Statt umfassender Analyse und
sinnvoller Vorgehensweise von oben nach unten hat die Landesregierung
sich wahllos eine Verwaltungsebene herausgegriffen und ein Gutachten
in Auftrag gegeben mit einem klaren Auftrag: Die Zahl der
Verbandsgemeinden muss schrumpfen.

Sieht so eine intelligente Reform aus? Wohl kaum. Das war
Flickschusterei von Anfang an, und so wird es nach 2014, wenn die
Kreise dran sind, weitergehen. Zumal sich die Landesregierung im
laufenden Verfahren noch nicht einmal an ihre eigenen Vorgaben
gehalten hat. Die groß angekündigte Bürgerbeteiligung erschöpfte sich
in einer Alibiveranstaltung ganz zu Anfang des Prozesses – und damit
war auch schon Schluss mit der viel gerühmten Basisdemokratie.
Seitdem stellt Mainz die Ohren auch für gute und nachvollziehbare
Argumente auf Durchzug. Warum dürfen zum Beispiel die Dörfer an der
Oberen Kyll nicht nach Prüm ziehen, obwohl die überwältigende
Mehrheit der Bürger das will? Nein, sie müssen zwangsweise nach
Hillesheim, mit dem vagen Versprechen, nach 2014 noch einmal darüber
zu reden. Warum bleibt die Zukunft der Verbandsgemeinden Kell,
Kelberg, Thalfang und Speicher offen? Warum trifft die
Landesregierung keine klare Entscheidung, vertröstet stattdessen und
hält die Menschen hin? Das sorgt nicht nur für Ärger vor Ort, sondern
kostet auch unnötiges Geld und nährt womöglich falsche Hoffnungen.
Warum durfte Trittenheim schon vor mehr als einem Jahr den Kreis
wechseln, und warum blieb und bleibt anderen Gemeinden, deren Bürger
das wollen, diese Möglichkeit auch jetzt versagt? Was ist das alles
für eine Flickschusterei? Sieht so kluge Politik im Interesse des
Landes und seiner Bürger aus?

Wohl kaum. Diese Regierung hat sich bei der Neuordnung der
Verwaltung total verfranst, schleudert von einer Sackgasse in die
andere. Kein Wunder, wer noch nicht einmal ein klares Ziel vor Augen
hat, wer nicht wirklich weiß, wo er hin will, der kann sich am Ende
eben auch nur verfahren.

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Thomas Zeller
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