Trierischer Volksfreund: Streit um Bahnentschädigungen, Leitartikel Trierischer Volksfreund, 11.01.2011

Alle Jahre wieder: Wer im Winter mit der Bahn fahren
will, braucht vor allem Zeit und Nerven. Die braucht man zwar zu
anderen Jahreszeiten auch, weil man selten pünktlich irgendwo ankommt
oder mindestens einen Anschlusszug verpasst. Aber wenn es so richtig
knackig kalt draußen ist, dann kann man sicher sein, dass vor allem
in den hochmodernen Fernzügen nichts mehr geht. Und dass der Bahnchef
zugibt, dass er auch künftig solche Wetterpannen nicht ausschließt,
stimmt nicht gerade optimistisch. Es zeigt, wie hilflos der ansonsten
so redegewandte Manager mittlerweile ist.

Im Sommer waren es die ausgefallenen Klimaanlagen, im vergangenen
Winter waren es die festgefahrenen Bremsen der ICE-Züge, dieses Mal
waren es festgefrorene Weichen, vereiste Leitungen und mitten auf der
Strecke stehen gebliebene Züge. Was droht uns in diesem Sommer? Und
was ist, wenn der nächste Winter noch kälter wird, als dieser? All
das trägt nur dazu bei, das ohnehin schon arg ramponierte Image der
Bahn noch weiter zu beschädigen. Doch die Schuld trägt nicht allein
der Bahnchef. Schuld an der Misere ist der Bund als Eigentümer des in
den vergangenen Jahren vor allem international – zu schnell –
gewachsenem Unternehmen. Im Bundeshaushalt sind in den nächsten vier
Jahren jeweils 500 Millionen Euro Gewinne zur Haushaltssanierung fest
eingeplant. Geld, das der Bahn für die Wartung der Züge und die
dringend notwendige Sanierung der Schienen fehlt. Der Bund saniert
sich auf Kosten der Bahn. Auf Dauer macht er damit das eigene
Unternehmen kaputt. Daher ist die Kritik von Bundesverkehrsminister
Peter Ramsauer an dem Unternehmen scheinheilig. Der Schwarze Peter
liegt nicht alleine bei der Bahn. Natürlich sind dort auch in den
vergangenen Jahren vor allem unter Grube-Vorgänger Mehdorn Fehler
gemacht worden. Es wurde zu sehr auf das internationale Geschäft und
den prestigeträchtigen Ausbau von Schnellbahntrassen geschielt und
dabei der Nahverkehr völlig vernachlässigt.

Der Bund und der Bundestag müssen nun die Weichen neu stellen und
aus dem Winterchaos schnellst möglich die Konsequenzen ziehen. Der
Börsengang muss gestoppt werden. Statt der Bahn Jahr für Jahr
Millionen zu entziehen, muss der Bund wieder in das Unternehmen
investieren.

Autor: Bernd Wientjes

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