WAZ: Alice Schwarzer und die Steuern. Kommentar von Walter Bau

Erst Bayern-Boss Hoeneß, dann Ex-„Zeit“-Chef Sommer,
nun die Frauenrechtlerin Schwarzer – erneut ist eine Persönlichkeit,
die gern als moralische Instanz auftritt, durch Gier und Dummheit in
die Steuerfalle getappt. Dass Alice Schwarzer nun, da ihr
Fehlverhalten publik wird, sich selbst als Opfer stilisiert, ist
schlicht peinlich. Wie Hoeneß hat auch Schwarzer, die ihr Konto in
der Schweiz viele Jahre lang dem Fiskus verschwieg, Selbstanzeige
erstattet. Doch anders als der Fußball-Manager legte sie offenbar
eine Anzeige auf den Tisch, die die Finanzbehörden überzeugte – und
vermied den Prozess. Es stellt sich die Frage nach dem Sinn des
Instruments der Selbstanzeige: Der eine kommt damit durch, der andere
landet trotzdem vor Gericht. Ob Reue belohnt wird, hängt von der
Kompetenz des Steuerberaters oder Anwalts ab. Gerecht ist das nicht.
Überhaupt ist nicht einzusehen, warum gerade bei Steuerbetrug die
Selbstanzeige als Schlupfloch gewährt wird, das jedem anderen
Rechtsbrecher verwehrt bleibt.

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